Der Klang der Stimme
Die Oster-Feiertage sind vorüber, der Alltag wieder da. Manchmal frage ich mich, wie es damals den Frauen und Männern gegangen sein mag, die Jesus nachgefolgt waren. Die Bibel erzählt, dass sie Jesus nach Ostern, nach seiner Auferstehung noch einige Zeit begegnet sind. Eine Geschichte gefällt mir besonders gut. Maria aus Magdala war eine Freundin Jesu. Sie erkannte den auferstandenen Jesus am Klang seiner Stimme.
Maria Magdalena erkennt Jesus an seiner Stimme
Am Ostermorgen ging sie noch einmal zum Grab Jesu und weint. Als sie merkt, dass das Grab leer ist, wächst ihre Verzweiflung. Dann spricht sie jemand an und fragt: „Was weinst du? Wen suchst du?“ Maria meint, es ist der Friedhofsgärtner, der da fragt und schüttelt verwundert den Kopf. „Wenn du ihn weggetragen hast, dann sage mir, wohin“ antwortet sie. Daraufhin sagt ihr Gesprächspartner nur ein Wort: „Maria!“ Im Klang ihres Namens erkennt sie Jesus. Wie kein anderer spricht er sie an und sie weiß: Jesus ist da.
Manchmal reicht ein Wort,um den Klang einer Stimme zu erkennen
Maria erlebt Gottes Gegenwart im Klang einer Stimme, wie schön. Liebende und auch Kinder kennen das: Sie hören den Klang der Liebsten, des Vaters oder der Mutter unter vielen Stimmen heraus. Und wer einen lieben Menschen verloren hat, hört in der Stille des Friedhofs oder manchmal im Traum noch die Stimme der geliebten Person. Maria jedenfalls reicht ein Wort Jesu: „Maria“…darin liegt ein unbedingtes: „Ich bin da. Jetzt und für dich“
Die schöne Stimme hinter der Mauer
Gottes liebende Gegenwart im Klang einer Stimme. Da denke ich an einen Sonntagmorgen-Spaziergang im Urlaub in Griechenland. Die Stadt schläft noch am Morgen. Ich schlendere durch alte Gassen an einer kleinen Mauer entlang. Dahinter höre ich den Klang einer Stimme. Seltsam monoton, fremd und tief klingt sie. Die Stimme ist so schön, dass ich stehen bleibe. Und eine Pforte entdecke, durch die ich hinter die Mauer kommen kann.
Meine Überraschung ist groß, als ich mich in einem kleinen Garten wiederfinde, in dem in der Mitte eine sehr schlichte orthodoxe Kirche steht. In der Stille des Morgens stehen und sitzen in dem Garten und vor der geöffneten Kirchentür bestimmt hundert Menschen und lauschen. Manche haben die Augen geschlossen, andere wiegen ihr Kind im Arm. Ganz ruhig stehen die Leute, angerührt von einer einzelnen Stimme.
Gottes liebende Gegenwart im Klang einer Stimme
Ich verstehe weder die Worte noch bin ich bewandert in der orthodoxen Liturgie. Aber in der Stimme des Liturgen aus dem Innern der Kirche heraus liegt so viel Liebe und Freude. Diese Stimme wächst über sich selbst hinaus. Hier legt jemand all seine Liebe zu Gott in die eigene Stimme. Ich setze mich auf eine Bank am Rand und mache es den anderen nach. Ich schließe die Augen und lasse mich tragen und erfüllen vom Klang der Stimme. Für diesen Moment weiß ich: hier ist Gott gegenwärtig.