hr2 ZUSPRUCH
hr2
Maschke, Andrea

Eine Sendung von

Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf

00:00
00:00
Bemalte Hände

Das Leben im Wimmelbild

In den Herbstferien war ich unter anderem in Cortona, einer Kleinstadt in der Toskana, nicht weit weg von der Grenze zu Umbrien. In einer Kirche, die dem heiligen Franziskus geweiht war, waren im Kirchenraum zeitgenössische Bilder ausgestellt: großformatige Zeichnungen, die zum genaueren, besser: zum sehr genauen Hinschauen eingeladen haben. Eines hat mich besonders angesprochen: unglaublich viele Szenen aus dem Leben des heiligen Franziskus waren da in einem Bild vereint. Meist schwarz-weiß, an manchen Stellen koloriert oder vergoldet. 

Beim Suchen entdeckt man Geschichten

Dieses Bild hat mich an sogenannte Wimmelbilder erinnert: diese bunten, vollen Bilder, in denen sich mit Kindern so viel entdecken lässt. Ich habe die früher gerne mit meinen Nichten angesehen, als die noch klein waren. Manchmal musste man jemanden darauf finden. Und oft ließen sich viele verschiedene Geschichten aus den Szenen erahnen. 

Das ganze Leben auf einem Bild

Fasziniert stand ich also in der Kirche vor dem Wimmelbild über das Leben von Franz von Assisi. Da war Franz als junger Mann in seiner Familie und im Freundeskreis zu sehen, später als Ritter im Krieg und dann die Kehrtwende seines Lebens, als er sich von seiner Familie lossagt und sich für ein Leben in Armut entscheidet. Man sieht die unterschiedlichsten Begegnungen mit Menschen und Tieren, kann mitverfolgen, wie aus der Zusammenkunft mit ersten Gefährten eine Gemeinschaft entsteht, die dann als Orden anerkannt wird. Viele Szenen erzählen von seinem Glaubensleben, von Krisen und Glücksmomenten bis hin zum Tod. Das ganze Leben auf einem Bild. 

Die Bilder erzählen von Reisen und Lebensgeschichten

Dieses und auch die anderen ausgestellten Bilder, so habe ich auf einer Tafel gelesen, sind das Gemeinschaftswerk eines Künstlerpaars, Kate und Luigi Agnelli. Zweihändig haben sie diese Bilder gezeichnet. 

Und direkt neben der Kirche, im alten Konvent, ist ihr Atelier. Dort habe ich Kate kennengelernt und erfahren, dass ihr Mann Luigi vor zwei Jahren gestorben ist und sie nun alleine weiter zeichnet – aber, wie sie selbst sagt, nicht wirklich alleine, denn Luigi ist weiter präsent. 

Das Atelier ist gleichzeitig ein Ausstellungsraum. Manche Bilder tragen die Eindrücke der weltweiten Reisen der beiden zusammen, andere zeichnen besondere Lebensgeschichten in vielen Szenen nach, wie eben die von Franziskus, von seinen Gefährten oder auch die Lebensgeschichte von Shakespeare, für den Kate als Engländerin wohl ein besonderes Faible hat. 

Welche Szenen sollen auf mein Lebens-Wimmelbild?

Ein Bild fiel für mich aus der Reihe: da ging es nicht um eine bekannte Persönlichkeit. Es war das Lebensgeschichten-Bild von Kates Vater, gemalt zu seinem 80. Geburtstag: wieder viele Szenen, wieder eine Art Wimmelbild. 

Und ich habe mir vorgestellt, welche Szenen es in meinem Lebens-Wimmelbild auf die Leinwand schaffen würden, welche Entscheidungen, welche wichtigen Ereignisse - und auch, was ich gerne noch drauf hätte auf meinem Bild.