Der Januar-Blues
Mir ist vor dem Januar immer bang. Die Feiertage sind vorbei, das neue Jahr ist da und nun dieser elend lange Monat am Beginn des Jahres. Die trüben Gedanken schleichen sich ein: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Die eh nicht scheint im Januar. Wieder ein Jahr, das zu leben ist. Werde ich es schaffen? Habe ich genug Lust und Mut? Wie wird es mir gehen in diesem Jahr? Ich fühle die Zeit so deutlich im Januar. Und die Vergänglichkeit. Der Aufbruch in ein neues Jahr fällt mir oft schwer.
Strategien gegen den Januar-Blues
Ach je, heute gebe ich meinem Januar-Blues Raum. Aber ich will auch schauen, was mir durch die trüben Gedanken durchhilft. Ich kenne mich zum Glück schon eine Weile und habe ein paar Strategien gegen den Januar-Blues entwickelt. Ja, der Monat ist lang. Also mache ich langsam im Januar. Gehe die Arbeit in Ruhe an. Und merke: Das tut gut. Ich nehme mir in jedem Januar ein Wochenende Zeit nur für mich: eine Wanderung durch kahle Winterwälder. Die Entdeckung: Da gibt’s Farben selbst im Januar. Das tiefe Lila der gefrorenen Brombeeren, die vereisten Hagebutten, manchmal auch Bäume mit Schneehütchen. Kleine Boten der Freude sind das. Ich spüre beim Laufen draußen die Kälte oder Nässe auf meiner Haut. Auch gut. Sich spüren mitten im klebrigen Grau des inneren Gelähmtseins.
Den Januar erleuchten
Eine Freundin von mir weiß, dass ich den Januar schwer finde. Sie hat mir deswegen eine Kiste voller kleiner bunter runder Kerzen geschenkt. „Damit kannst du den Januar erleuchten“, hat sie zu mir gesagt. Ab und zu fragt sie: „Hast du noch Vorrat? Reicht dir das Licht im Januar? Anders gesagt: Wie geht es dir?“ Die Frage tut gut. Reden. Schweigen. Zusammen sein.
Musik von Johann Sebastian Bach als Stimmungs-Aufheller
Und Musik höre ich gern im Januar. Sie kann da ruhig lang und schwer sein. Passt schon. Johann Sebastian Bach zum Beispiel, im Januar seltsamerweise lieber auf Englisch. Der Choral „Jesu, meine Freude“ heißt da: „Jesu, joy of man's desiring, holy wisdom, love most bright…“ Jesus, Freude menschlicher Sehnsucht, heilige Weisheit. Hell leuchtende Liebe. Für mich ist das ein Stimmungs-Aufheller.
Das Epiphaniasfest
Das Kirchenjahr setzt dem Trübsinn im Januar das Epiphaniasfest entgegen. Epiphanias bedeutet Erscheinung. Gott erscheint in Jesus Christus als Licht der Welt. Zum Epiphaniasfest gehört die Geschichte von der Taufe Jesu: Er steigt in den Fluss Jordan und taucht unter. Muss wohl sein. Dann lässt er sich von Johannes taufen – also aus dem Wasser wieder herausziehen. Als Jesus wieder aus dem Wasser kommt, tut sich der Himmel auf. Licht. Eine Taube kommt auf ihn herab. Und eine Stimme sagt: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“. (Matthäus 3,13-17)
Licht und ein offener Himmel im Januar-Blues
In meinem Januar-Blues wünsche ich mir genau das: Licht, ein offener Himmel. Eine Stimme, die sagt: „Ich hab dich lieb. Ich bin bei dir.“ Getauft bin ich ja… also passiert es dann doch mitten im Januar, dass ich die Musik lauter stelle und mitsinge: „Jesu, joy of man‘s desiring, holy wisdom, love most bright…“