hr4 ÜBRIGENS
hr4
Sattler, Claudia

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Herborn

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Ein halbes, erfülltes Leben

In der Adventszeit, wenn die Kerzen leuchten, denke ich an Lilly. Lilly hatte ein erfülltes Leben. Mann, Kinder, Freunde, Alltag. Dann ist ihr Mann gestorben.

Verlust und Sehnsucht im Alltag

20 Jahre lang hat sie ihn vermisst. Jeden Tag. Ihre Tochter sagt mir: „Mama hatte nur noch ein halbes Leben." Da fehlte eine Hälfte. Nie wurde es ganz. Und trotzdem blieb es erfüllt. Halb, doch voller Liebe.

Liebe bleibt – auch im halben Leben

Die Enkel und Urenkel brachten Lachen, krabbelten herum, erzählten von der Schule, von der Arbeit. Die Tochter, die über ihr wohnt, schaute vor dem Nachtdienst noch bei ihr rein. „Alles gut, Mama?" Der Sohn holte sie zum Einkaufen, über den Markt. Die andere Tochter kam mit Kuchen. Die Katze schnurrte auf ihrem Schoß. Was bedeutet Erfüllung, wenn etwas fehlt? Ein halbes, erfülltes Leben. 

Hoffnung auf Ganzheit – im Diesseits und Jenseits

Besonders im Advent spürt man die Sehnsucht nach Ganzheit, nach Wärme. Nun ist Lilly gestorben. Sie hatte ein erfülltes Leben und ein halbes, erfülltes Leben. Ihre Tochter sagt: „Jetzt ist Mama wieder bei ihrem Werner. Jetzt hat sie ein ganzes, erfülltes Leben im Himmel." Ich zünde den Adventskranz an und denke: Lilly lehrt mich, mit dem Halben zu hoffen – auf Heilung und Licht.