Ein halbes, erfülltes Leben
In der Adventszeit, wenn die Kerzen leuchten, denke ich an Lilly. Lilly hatte ein erfülltes Leben. Mann, Kinder, Freunde, Alltag. Dann ist ihr Mann gestorben.
Verlust und Sehnsucht im Alltag
20 Jahre lang hat sie ihn vermisst. Jeden Tag. Ihre Tochter sagt mir: „Mama hatte nur noch ein halbes Leben." Da fehlte eine Hälfte. Nie wurde es ganz. Und trotzdem blieb es erfüllt. Halb, doch voller Liebe.
Liebe bleibt – auch im halben Leben
Die Enkel und Urenkel brachten Lachen, krabbelten herum, erzählten von der Schule, von der Arbeit. Die Tochter, die über ihr wohnt, schaute vor dem Nachtdienst noch bei ihr rein. „Alles gut, Mama?" Der Sohn holte sie zum Einkaufen, über den Markt. Die andere Tochter kam mit Kuchen. Die Katze schnurrte auf ihrem Schoß. Was bedeutet Erfüllung, wenn etwas fehlt? Ein halbes, erfülltes Leben.
Hoffnung auf Ganzheit – im Diesseits und Jenseits
Besonders im Advent spürt man die Sehnsucht nach Ganzheit, nach Wärme. Nun ist Lilly gestorben. Sie hatte ein erfülltes Leben und ein halbes, erfülltes Leben. Ihre Tochter sagt: „Jetzt ist Mama wieder bei ihrem Werner. Jetzt hat sie ein ganzes, erfülltes Leben im Himmel." Ich zünde den Adventskranz an und denke: Lilly lehrt mich, mit dem Halben zu hoffen – auf Heilung und Licht.