Worte
Worte haben Macht. Das wissen schon die Weisen der Bibel, wenn sie diesen Satz überliefern: „Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“ (Sprüche 15,1). Die Macht der Worte hat jeder von uns schon erfahren. Einmal gesagt, sind Worte in der Welt und lassen sich nicht ungesagt machen. Zurücknehmen können wir sie zwar, wenn wir sie später bereuen oder nicht mehr zu ihnen stehen können oder wollen – aber sie sind einmal gesagt und damit in der Welt.
Und sie entfalten Wirkung; sie haben eine Macht - gerade auch im Streit. „Du bist für mich gestorben.“ So ein Satz kann für mein Gegenüber vernichtend sein.
Manchmal denke ich, dass diese Macht der Worte heute sogar noch wächst, dass sie ganz andere Dimensionen bekommt. Dadurch, dass sie nicht nur gesagt werden, sondern oft auch geschrieben – im Internet; in Diskussionsforen, in sozialen Netzwerken; in Kommentaren auf Websites. Da wird viel Freundliches und Lustiges, manches Interessante und oft auch viel Belangloses kommuniziert. Aber da werden manchmal auch böse, verletzende Worte über andere oder an andere geschrieben. Alle Welt kann sie lesen, sie verbreiten sich immer weiter, und niemand kann sie mehr zurückholen. Besonders unter Jugendlichen nimmt das manchmal beängstigende Formen an. Aber auch Erwachsene schreiben da Dinge, über deren Wirkung sie sich wohl gar nicht so viele Gedanken machen.
„Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“ Dieses Bibelwort erinnert an die Macht der Worte – gerade in Streit und Auseinandersetzungen. Es ist keine Mahnung, sondern nur eine Feststellung: So wirken Worte. Was daraus zu folgern ist, können und sollen wir uns selber denken.
„Eine linde Antwort…“ Ein wenig altertümlich klingt das. Vielleicht auch ein wenig harmlos. So nach linder Frühlingsluft. Aber es geht sicher nicht darum, dass wir immer nur nette und harmlose Worte finden; gerade auch, wenn wir uns mit anderen streiten. Es geht sicher auch nicht darum, immer zurückzustecken um des lieben Friedens willen, immer nachzugeben und sich alles gefallen zu lassen. Manchmal sind in einem Streit eben auch deutliche, harte Worte notwendig – und auch hilfreich, weil sie Dinge klarstellen und Positionen benennen. Und manchmal müssen sie auch öffentlich gesagt oder geschrieben werden.
Aber ich möchte auf die Worte achten, die ich sage oder schreibe – gerade auch dann, wenn ich im Streit mit anderen bin. Ich möchte die Wirkung, die sie entfalten können, im Blick haben. Und ich möchte, wo es nötig ist, klare und deutliche Worte finden – aber eben nicht vernichtende. Worte, die den Streitpunkt klar benennen, aber mein Gegenüber nicht verurteilen. Worte, die das Gespräch zwischen uns offenhalten. Worte, die uns auch im Streit verbinden und nicht entzweien.