Winnetou
Der Schatz im Silbersee – vor 51 Jahren wurde der erste einer ganzen Reihe von Karl-May-Verfilmungen uraufgeführt. In einer der Hauptrollen: Der damals noch unbekannte Pierre Brice als Winnetou. Für ihn sollte es die Rolle seines Lebens werden. Viele sind mit diesen Filmen groß geworden. Und es genügen die ersten Takte der Musik, um die Bilder wieder in Erinnerung zu rufen. Winnetou war für mich ein Vorbild. Natürlich, weil die Welt der Indianer für Kinder geheimnisvoll und faszinierend ist – selbst wenn sie eher verkitscht dargestellt wird wie in diesen Filmen. Und weil Pierre Brice im Phantasiekostüm auf seinem schwarzen Pferd schon eine beeindruckende Figur machte. Ein edler Held eben, mit dem vor allem die Jungen sich gern identifizierten.
Als Erwachsener kann man darüber lächeln. Die Helden der Kindheit haben viel von ihrem Glanz verloren. Die Figur des „edlen Wilden“ ist längst als Kunstfigur entlarvt. Was übrig bleibt, ist Nostalgie. Und Figuren wie Winnetou gehören ins Reich der Phantasie. Schade eigentlich. Denn bei allem Kitsch und aller Naivität ging es doch bei Winnetou um etwas Wichtiges. Es ging immer um Gerechtigkeit. Ein Wort aus der Bibel, aus dem Buch der Sprüche, hätte sein Motto sein können: „Wer der Gerechtigkeit und Güte nachjagt, der findet Leben und Ehre.“ (21.21)
Bei Winnetou ging es vor allem natürlich um Gerechtigkeit für seine indianischen Brüder und Schwestern. Wenn ihnen Unrecht widerfuhr, trat Winnetou mit seinen Freunden auf den Plan und sorgte dafür, dass Dinge wieder in Ordnung kamen. Nicht als grausamer Rächer, sondern als einer, der der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen will. Mit durchaus gewaltsamen Mitteln, ohne die es im Wilden Westen wohl nicht geht. Winnetou erscheint als Mensch, der auf das Gute aus ist – und der dem Bösen Widerstand leistet. An Gewalt hat er keinen Gefallen. Er wendet sie an, wenn sonst nichts mehr geht. Er will den Frieden. Und dafür setzt er sein Leben ein. Und er ist offen und ehrlich; einer, auf den sich Freund und Feind verlassen können.
Natürlich ist der Winnetou aus Karl Mays Romanen und ihren Verfilmungen eine Kunstfigur – und ein idealisierter Held. Jugendliche heute haben andere Vorbilder aus der Literatur. Aber auch heute sind das oft Figuren, die sich für das Gute einsetzen.
Vielleicht geht es den Jugendlichen von heute mal auch wie mir, wenn ich mich an Winnetou erinnere. Das ist mehr als bloße Nostalgie. Wenn ich dabei auch an das denke, was wichtig bleiben wird: dass wir Menschen brauchen, die der Gerechtigkeit und der Güte nachjagen.