hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Pastorin im Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden, Marburg

Wartezimmer

Wartezimmer

Ich weiß nicht, wie oft in Wartezimmern bei Ärzten gebetet wird. Ich jedenfalls bin froh über die Worte aus einem Psalm, die ich im Geist nachsprechen kann: Wenn mein Geist in Ängsten ist, so nimmst du, Gott, dich meiner an (Psalm 141). An diese Worte zu denken tut mir gut bei Fragen, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich beim Arzt warte: Wie wird die Ärztin oder der Arzt auf meine Symptome reagieren? Welche Untersuchungen werden folgen? Ich finde es auch schön, wenn jemand einen Gruß sagt beim Reinkommen ins Wartezimmer. Oder vielleicht sogar einen freundlichen Witz macht, wie ich es gerade erlebt habe bei einem Mann, der eine nette Art hatte, seine Nachbarn im Wartezimmer aufzumuntern. In diesem Wartezimmer lief auch Musik, das fand ich sehr angenehm. Warten ist manchmal gar nicht so einfach.

Verschiedene Menschen kommen in einem Wartezimmer zusammen, jede und jeder hat einen eigenen Weg. Man teilt eine kurze Zeit miteinander. Warten, schweigen, Gedanken nachgehen. Vielleicht ein Blick, ein Lächeln, ein kurzes Gespräch. Als ich mit einer Freundin darüber sprach, wie es ist, im Wartezimmer zu sitzen, sagte sie: Das ist wie das Leben selbst. Für sie fühlt sich das Leben auch manchmal wie Warten an. Sie ist Mitte zwanzig. Sie studiert, sie hat noch keine eigene Familie gegründet - da ist noch ganz viel offen. Was wird sie einmal arbeiten? Wo wird sie leben? Mit wem? Sie weiß es noch nicht.

Aber auch wenn man älter ist, sind viele Fragen, die die Zukunft betreffen offen und ungewiss. Das haben wir mit den vielen anderen gemeinsam, deren Wege unseren kreuzen. Auch wenn man nicht das Schlimmste befürchtet: Wenn man unsicher ist oder Angst hat, tut Beten gut: Wenn mein Geist in Ängsten ist, so nimmst du dich meiner an. So ähnlich müssen die ersten Christen gehofft haben, wenn sie Jesus manchmal als Arzt bezeichneten. Und auch Jesus selbst benennt sich einmal als Arzt. Weil er für andere da ist und helfen kann, so wie ein Arzt hilft.

So wie ich die Hilfe von guten Ärzten manchmal brauche, wenn ich im Wartezimmer sitze, so stelle ich mir vor, dass ich am Ende meines Lebens diesem Arzt begegnen werde, der mich sehr gut versteht, und der mir alle offenen Fragen beantworten kann. Wo ich mein Leben als begrenzt und ungewiss erlebe, hilft mir dieses Bild von Jesus als Arzt, der für mich da ist. Er kennt alles, was zu mir gehört. Er weiß, wie alles zusammenhängt, und wird so darauf reagieren, dass es mich gesunden lässt. Ich brauche mich nicht darum zu sorgen, wie es einmal sein wird, wenn ich vor ihm stehe. Er wird es gut machen.