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Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Sterben wie ein Hund

Sterben wie ein Hund

Bei mir um die Ecke hing an der Tür eines Hauses das Bild eines Hundes. Darunter war etwas geschrieben. Das machte mich neugierig. Ich ging hin und las. Es war ein Abschiedsbrief. Der Hund auf dem Foto, er hieß Hannibal, verabschiedete sich von den Menschen in seiner Nachbarschaft. Offenbar war er gestorben. In seinem Nachruf bedankte er sich bei allen, die ihn in seinem Leben begleitet haben. Bei der Nachbarin, die ihm immer etwas Leckeres vom Metzger mitgebracht hatte. Bei den Schulkindern, die ihn so gerne gestreichelt hatten. Danke, hieß es da zum Schluss, ohne Euch wäre ich niemals der liebe Kerl geworden, der ich war.

Natürlich haben Hannibals Besitzer diesen Brief geschrieben und nicht Hannibal selbst. Aber ich finde, sie haben das richtig gut gemacht. Die Formulierung: „Sterben wie ein Hund“ verliert dabei etwas von ihrem Schrecken. Und es steckt in diesem Brief eines Hundes sogar etwas, das mir für mein eigenes Sterben wichtig werden kann.

Zum einen der Dank an alle, die Hannibal in seinem Leben begleitet haben. Ich wünsche mir auch, beim letzten Blick auf den Weg, den ich gegangen bin, Dank zu empfinden, für die Menschen, die diesen Weg gekreuzt haben. Dank für ihre Aufmerksamkeiten und die Streicheleinheiten, die sie mir entgegengebracht haben.

Wenn ich einmal sterbe und nicht mehr selbst Danke sagen kann, dann möchte ich, dass ein anderer Danke sagt in meinem Namen. So wie es Teil einer christlichen Bestattung ist: Dank an Gott, für die Zeichen seines Segens im Leben der Verstorbenen. Dank für die Menschen, die er in dieses Leben geschickt hat. Auch in einem Leben, das nach außen hin als misslungen gilt, gibt es Momente die gelungen sind. Schönes, für das es sich zu danken lohnt. Gut, wenn das im Moment des Abschieds noch einmal zur Sprache kommt.

Aber noch etwas anderes finde ich im Nachruf für den Hund Hannibal gelungen. Hannibal war offensichtlich ein feiner Kerl. Auch das wünsche ich mir: Zu sterben in dem Wissen: Ich bin ein feiner Kerl gewesen. Nun, „feiner Kerl“ nicht, aber eine tolle Frau vielleicht, oder wie immer ein feiner Kerl in weiblich heißen mag. Es wäre schön, leben und sterben zu können im Vertrauen, immerhin einiges richtig gemacht zu haben. Menschen zu hinterlassen, die sich im Guten an mich erinnern. Leben und Sterben wie ein Hund, wenn das so ist wie bei Hannibal, dann ist es gut.