hr2 ZUSPRUCH
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von Winterfeld, Charlotte

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Frankfurt

Man müsste mal

Man müsste mal

Man müsste mal zu Fuß gehen oder die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Man müsste mal die Patenschaft von einem Kind in Indien oder Afrika übernehmen und ihm so eine solide Ausbildung ermöglichen. Man müsste mal mehr Bio- und fair gehandelte Produkte einkaufen. Man müsste, man müsste, man müsste….

Die Münchner Unternehmerin und Autorin Claudia Langer nennt die Generation von heute die Generation „Man müsste mal“. Sie sagt: \"Wir sind eine phlegmatische Generation, die ihren Hintern nicht hochbekommt. Wir wissen genau, dass es so nicht weitergehen kann, aber wir wollen es nicht sehen. Nur noch dreizehn Prozent aller Bundesbürger glauben, dass ihre Kinder es mal besser haben werden als sie selbst. Der Rest hat schon aufgegeben, und das halte ich für einen Skandal.“ Claudia Langer ist selbst Mutter von drei Kindern und meint weiter: „“Wir treten …das alte Prinzip der Vorsorge mit Füßen (...)Ich weiß nicht, wie unsere Kinder die Probleme lösen sollen, die wir ihnen so kaltblütig vor die Füße kippen.\" Ich selbst fühle mich bei ihren Worten ertappt. Auf mich trifft das zu. Wie oft habe ich schon gedacht oder gesagt „Man müsste mal!“ und dann doch nichts getan. Zu vollgepackt ist mein Alltag, zu komplex und vielfältig scheinen mir die Probleme.

Außerdem fühle ich mich überfordert: „Was soll ich denn noch alles im Blick behalten?“ Claudia Langer geht aber nicht nur ins Gericht. Sie gibt auch wertvolle Hinweise und hat vor fünf Jahren die Internetseite utopia.de ins Leben gerufen, ein Internet-Portal für mehr Nachhaltigkeit. Dort gibt es zum Beispiel Einkaufsratgeber für Handys und Smartphones, um Elektromüll zu vermeiden. Es gibt die wichtigsten Siegel für Kleidung ohne Gift, die besten Stromspartipps oder eine Anleitung, wie man aus Kastanien ein Waschmittel ohne Chemie herstellen kann. Es macht Freude, auf dieser Seite machbare Anregungen zu bekommen und von Menschen zu lesen, die sich engagieren. Normalerweise reagiere ich allergisch auf den moralischen Zeigefinger, aber diese Internetseite macht Appetit aufs Nachmachen und Informieren.

Und noch einen wichtigen Tipp hat Claudia Langer auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit: einfach die eigenen Muster hinterfragen. Sie möchte jemand weniger für eine spektakuläre Fernreise bewundern als dafür, dass er es schafft, weniger Kohlendioxid zu produzieren. Sie möchte sich eher begeistern für eine lebenslang gepflegte Freundschaft als für ein Auto oder für das neueste Smartphone.

Ich weiß nicht genau, woher Menschen wie sie die Kraft nehmen, andere immer neu zu motivieren. Aber ich weiß, was ich in ihnen sehe: moderne Prophetinnen und Arbeiter an einer besseren Welt und am Reich Gottes. Heute habe ich zum Beispiel auf utopia.de den Einkaufsratgeber für Handys studiert. Ich denke, mein nächstes Handy wird ein gebrauchtes.