Kommunalpolitik - das heißt, der Stadt bestes zu suchen
„Suchet der Stadt Bestes: Denn wenn es der Stadt gut geht, dann geht es auch ihren Bürgern gut.“ Das habe ich in de Bibel gelesen und auf meine Art wörtlich genommen. Seit ich nicht mehr aktiv Pfarrer bin, sondern im so genannten Ruhestand, habe ich mich in die Kommunalpolitik eingemischt. Bei der Wahl vor zwei Jahren habe ich kandidiert und genügend Stimmen bekommen. Seitdem sitze ich im Stadtparlament von Laubach und mache mit, so gut ich eben kann. Sich einmischen, mitmachen, das halte ich für richtig. Nun suche ich mit anderen zusammen der Stadt Bestes oder etwas bescheidener gesagt, was für die Stadt und Ihre Bürger gut ist. Doch was der eine gut findet, hält ein anderer noch lange nicht für gut. Ob man beispielsweise die Steuern erhöht, einen Radweg baut oder das Hallenbad hoch subventioniert. Sich auf etwas zu einigen, was alle gut finden, ist schwer.
Das Gegenteil ist eher der Fall. Wenn die eine Fraktion etwas vorschlägt, ist die andere sofort dagegen. Das wäre in der Politik prinzipiell so, hat mir jemand gesagt, der schon viele Jahre mitmacht. Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt und will es auch nicht. Das bewirkt auch nichts Gutes, prinzipiell gegen die anderen zu sein und ihnen die Schuld zu zuschieben. Ich habe auch den Eindruck, dass die Menschen es müde sind, wenn eine Partei die andere beschuldigt oder auf der Lauer liegt, bis der politische Gegner einen Fehler macht, den man dann ausschlachten kann.
„Sucht der Stadt Bestes“ heißt für mich eher: Geht zu den Menschen hin, die in der Stadt wohnen. Fragt sie, wie es ihnen hier geht oder was ihnen fehlt. Macht mit möglichst vielen Politik. Bezieht die Bürger in die Entscheidungen mit ein, statt nur nach Mehrheiten für die eigene Fraktion zu fragen.
Den alten Satz der Bibel lese ich wie eine Aufforderung zur Bürgerbeteiligung. Sucht gemeinsam das Beste für die Stadt und die Menschen, die in ihr wohnen. Das hat der Prophet Jeremia damals den Menschen seines Volkes geraten, die sich enttäuscht aus allem raushalten wollten. Pflanzt in Gärten, bebaut Äcker, baut Häuser- mischt euch ins Leben ein, bleibt nicht abseits stehen. Die gemeinsame Suche nach dem Guten kann helfen, alte Gräber zuzuschütten und Fremdes zu überwinden. Was wirklich gut ist für eine Stadt, das weiß niemand allein so richtig. Darüber muss man diskutieren, fair streiten, es suchen. Das ist ein offener Prozess. Je mehr Menschen dabei mitmachen, desto mehr fühlen sie sich dann auch hier daheim. Das Gefühl der Zugehörigkeit kommt auf, wo ich beteiligt bin und mit anderen zusammen etwas gestalte. Das Beste für eine Stadt ist, wenn die Menschen sich in ihr zuhause und wohl fühlen. Dieses Gefühl entsteht nicht durch den Komfort, den eine Stadt bietet, sondern weil sie sich an ihr beteiligen.