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Eine Sendung von

Hochschulpfarrerin an der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Mainz

Katakomben

Katakomben

Dreißig Meter unter der Oberfläche bin ich mit einer kleinen Reisegruppe in den Katakomben herum geklettert. Es war auf einer Reise in Rom. Die Katakomben waren die Grabstätten des frühen Christentums. Die ersten Christen durften ihre Religion in Rom und anderswo nicht ausüben. Aber ihre Toten durften sie begraben. Zumindest unterirdisch. An der Oberfläche sollte von der christlichen Religion möglichst wenig zu sehen sein. Dafür gab es also das Tunnelsystem der Katakomben. Dunkel und kalt war es, als wir die schmalen Treppen nach unten stiegen und uns durch die niedrigen Tunnel geschlängelt haben. Links und rechts an den Wänden konnte ich die in die Wand gehauenen Vertiefungen sehen, die wie Regale angeordnet waren.  In diesen Regalen waren die Särge der Christen untergebracht worden. An den Wänden kann man heute noch alte Fresken bewundern, die vom Leben der ersten Christen erzählen.

Sie malten das letzte Abendmahl von Jesus mit seinen Jüngern und die Taube als Symbol für den Heiligen Geist. Auch einen  Anker. Der stand für die Hoffnung. Das Lamm Gottes als Symbol für Jesus, der sich für die Menschen geopfert hat. Oft habe ich das Bild vom Fisch entdeckt.  Der Fisch war für die ersten Christen ein Geheimzeichen. Das griechische Wort für Fisch setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben für Jesus Christus, für Sohn Gottes und für Retter. Wo immer der Fisch damals als Zeichen an Wänden und Häusern zu sehen war, wusste man: hier sind Christen in der Nähe. Das war wichtig, wenn man als Christ Schutz vor Verfolgung und Hilfe suchte. In den Katakomben feierten Christen auch Gottesdienste. Und verfolgte Christen und Christinnen haben sich dort in den Tunneln versteckt.

Die Katakomben erinnern bis heute daran: Das Christentum war in seinen Anfängen eine verfolgte Religion. Sie erinnern aber auch daran, dass das Christentum auch heute die am meisten verfolgte Religion der Welt ist. Im Irak, im Iran, in Syrien, in Nigeria und in vielen anderen Ländern werden Christen und Christinnen überfallen, verfolgt oder diskriminiert.

Die Tunnel in den Katakomben haben mir gezeigt, dass es damals  möglich war und hoffentlich heute immer noch ist  sich zu verstecken, sich zu schützen und gegenseitig zu helfen. Christen müssen wachsam sein vor Christenhass und Christenverfolgung. Aber auch wachsam gegenüber Menschen, die Gläubige aus anderen Religion verfolgen oder ihnen Gewalt antun, nur weil sie gläubig sind.

Die Katakomben ermutigen, Respekt zu haben vor Gläubigen verschiedener Religionen. Schutzorte für Verfolgte sind wichtig! Damals wie heute. Für Frauen und Männer aus Irak, Syrien und anderswo her, die aufgrund ihres christlichen Glaubens verfolgt werden, ist das Asyl in Europa manchmal überlebensnotwendig. Dafür setzen sich viele Kirchen in Deutschland und in Europa aktiv ein. Dafür möchte auch ich eintreten.