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Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Essbare Städte

Essbare Städte

Äpfel aus dem Stadtpark, Bohnen aus dem Blumenkübel an der Bushaltestelle und Radieschen aus der Rabatte neben dem Rathaus. Wenn es nach der Bewegung geht, die sich „Essbare Städte“ nennt, dann wäre das ein ganz normaler Weg, zu seinem Essen zu kommen. Das Ziel dieser Bewegung ist: Es soll Essen wachsen auf städtischen Freiflächen. Wo heute Blumen blühen, soll Nahrung gedeihen, die alle Anwohner dann verzehren können. Ab heute gibt es dazu eine Konferenz im nordhessischen Witzenhausen.

Wie kommt man zu einer urbanen Landwirtschaft? Es ist eine Frage der Städteplanung. Der Anbau von Obst und Gemüse muss schon da bedacht werden. Wer Grünanlagen gestaltet, sollte gleich auch an Platz für Stangenbohnen und Johannisbeersträucher denken. Ein erfolgreiches Beispiel wie das gehen kann, ist die kleine Stadt Andernach am Rhein. Schon seit Jahren baut man dort essbare Pflanzen auf öffentlichen Grünflächen an. Auch in Kassel gibt es Ansätze in diese Richtung. Der Verein „Die essbare Stadt“ will zum diesjährigen eintausendeinhundertsten Stadtjubiläum eintausendeinhundert Obstbäume in Kassels Grünanlagen pflanzen. Obst, dass jeder pflücken darf.

Ich finde das eine gute Idee. Ich habe nichts gegen Stiefmütterchen und Co, aber in puncto Nachhaltigkeit können sie es mit Bohnen, Grünkohl und Mangold nicht aufnehmen. Ich sehe darin auch eine moderne Art, den biblischen Auftrag zu interpretieren. Der lautet ja: Bebaut und bewahrt die Erde! Als Stadtmensch ist das gar nicht so leicht. Aber so kann das auch in der Stadt ganz konkret funktionieren. Denn die Schöpfung zu bewahren ist nicht nur ein globaler Auftrag. Ich kann mich auch lokal dafür einsetzen. So muss ich mich auch nicht nur ohnmächtig fühlen, wenn ich die Ergebnisse der großen Gipfel zum Thema Klimaschutz betrachte. Natürlich ist es wichtig, dass im Großen um Veränderungen gerungen wird. Aber auch die kleinen Veränderungen vor meiner Haustür können etwas bewirken. Auch ein Pflanzkübel mit Stachelbeeren in der Stadt.

Es ist auch einfach schön, selbst zu pflanzen und zu ernten, zu pflegen und zu bewahren mit eigenen Händen. Oder das mindestens beobachten zu können. Wenn ich ein Lebensmittel nicht nur aus der Auslage im Supermarkt kenne, werde ich es besonders genießen, davon bin ich überzeugt. Für mich ist das toll, aber auch für Kinder. Ich glaube sie können dabei lernen, dass wir alle etwas zur Bewahrung der Schöpfung beitragen können. Vielleicht lernen sie aber auch nur, dass auch Gemüse lecker schmeckt – aber auch das wäre doch schon was.