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Eine Sendung von

Hochschulpfarrerin an der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Mainz

Die Waldenser

Die Waldenser

Während einer Romreise habe ich in der „Casa Valdese“ gewohnt, im Haus der Waldenser, das heute ein Hotel ist. Die Waldenser können heute in Rom und auf der ganzen Welt friedlich ihren christlichen Glauben leben. Das war aber nicht immer so. Die Waldenser sind eine evangelische Glaubensrichtung. Ihre Geschichte geht zurück auf den reichen Kaufmann Petrus Valdes aus Lyon in Frankreich, der im zwölften Jahrhundert gelebt hat. Er muss ein Erlebnis gehabt haben, in der er seinen christlichen Glauben ganz neu verstanden hat.  Danach organisierte er Armenspeisungen und setzte sich für Kranke ein. Er verschenkte seinen Besitz und ging auf Wanderschaft. Dabei predigte er das Evangelium zu den einfachen Menschen.

Petrus Valdes geriet in Konflikt mit der katholischen Kirche, weil er als Laie predigte und kritisch gegenüber dem Klerus auftrat. Er bekam von einem Bischof Predigtverbot, aber er ließ sich das nicht verbieten. Daraufhin wurde er exkommuniziert und vertrieben. Peter Valdes und die Waldenser verstanden sich als Teil der katholischen Kirche. Aber sie lebten in Armut und lehnten die Heiligenverehrung, das Fegefeuer, den Ablasshandel und alle Kirchensatzungen ab. Im 13. Jahrhundert begann ihre systematische Verfolgung als Ketzer durch die Inquisition. Die Waldenser flohen nach Oberitalien. Dort versteckten sie sich in den Alpen des Piemonts, wo es bis heute zahlreiche waldensischer Gemeinden gibt. Sie zogen aber auch in die Schweiz, nach Österreich, Böhmen und bis nach Deutschland. In Hessen gibt es bis heute Waldensergemeinden z.B. in Mörfelden-Waldorf, Ober-Ramstadt, in Bad Homburg und in Dillenburg.

Über dem Eingangsportal ihrer Kirchen steht ihr Bekenntnis: „Das Licht leuchtet in der Finsternis!“ Dieser Leitsatz war für die Waldenser überlebensnotwendig. Das Licht kommt für die Waldenser durch Gottes Wort zu den Menschen. Darauf hoffen sie in guten wie in schlechten Zeiten Es hat sie durch Leid, Verfolgung und Vernichtung getragen und begleitet.  Sie haben das Licht gehütet und Gottes Wort im Herzen behalten. Und sie haben überlebt.

Auch in Italien sind sie bis heute sichtbar und aktiv. In Rom gibt es eine theologische Fakultät der Waldenser und auch eine Waldenserkirche mit Gemeindezentrum. Und die „Casa Valdese“, das Haus der Waldenser, das heute ein wunderschönes Hotel ist und Gäste aus aller Welt empfängt. Heutzutage kommen vor allem evangelische Rompilger aus der ganzen Welt, um dort Station zu machen, so wie ich.

Wenn man von der Dachterrasse über die Dächer von Rom schaut, kann man den Petersdom sehen. Die Kirche im Vatikan, dem Zentrum der katholischen Christenheit. Denkt man an die dramatische Geschichte der Waldenser zurück, bin ich dankbar, dass die Zeiten der Verfolgung der einen Christen durch die anderen heute vorbei sind. „Das Licht leuchtet in der Finsternis!“ Möge dieses Licht für alle leuchten!