hr2 ZUSPRUCH
hr2
Spory, Dr. Anke

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim

Bruder Jakob

Bruder Jakob

Jakob ist ein fauler Pilger. Bruder Jakob, Bruder Jakob, schläfst du noch? Fast jedes Kind kennt das Lied vom Bruder Jakob. Doch was sich hinter diesem Lied verbirgt, wissen nur die wenigsten: Bruder Jakob ist ein fauler Pilger. Er ist auf dem sogenannten Jakobsweg unterwegs. Ein Pilgerweg, der aus einem langen und verzweigten Netz von Wegen und Straßen besteht. Sie alle führen aus vielen Ländern Europas zum spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela. Dort soll angeblich der Apostel Jakobus unter der mächtigen Wallfahrtskirche begraben sein.

Die Insignien des Pilgers: Stock, Trinkflasche und Muschel. Bruder Jakob, das Kinderlied erzählt von so einem Pilger. Zum Pilgern gehört es dazu, beim ersten Glockenschlag sein Nachtlager zu verlassen, die Messe zu hören und dann weiterzuziehen. Bruder Jakob aber hat den Glockenschlag ignoriert und hat sich stattdessen wohl noch einmal im Bett umgedreht. Bruder Jakob, schläfst du noch…? Hörst du nicht die Glocken...?

Reisen und sich auf den Weg machen. Beides hat viel mit der jüdisch-christlichen Religion zu tun. Die Bibel erzählt viele Weg – Geschichten. Sie haben immer etwas mit Aufbruch zu tun. Und die für unsere Ohren vielleicht bekannteste Geschichte, die Weihnachtsgeschichte, enthält die Worte: da machte sich auf auch Josef aus Galiäa. Er musste wegen einer Volkszählung mit Maria von Nazareth nach Bethlehem.

Wege und Weg – Geschichten: Aufbruch ins Ungewisse, Weggehen müssen aus Streit, aus Angst, auf der Suche nach Asyl- die Bibel ist voll davon. Die meisten der Geschichten erzählen von politischer oder familiärer Notwendigkeit, wieso man wegzieht. Es geht in der Bibel beileibe nicht um eine spirituelle Reise, die im Innern stattfindet - nein, die Reise, der Aufbruch wird wirklich vollzogen, ohne Gewissheit, wie es ausgehen wird.

Bezeichnend für alle Wege ist: Sie verändern das Leben. Geben ihm im wahrsten Sinne des Wortes eine neue Richtung, Ausrichtung. Weg und Wagnis, diese beiden Worte haben sprachgeschichtlich gesehen dieselbe Wurzel. Wer unterwegs ist, wagt etwas. Aufbrechen müssen. Davon können viele Menschen heute auch ein Lied singen. Viele Jugendliche werden um diese Uhrzeit heute Morgen schon am Bahnhof stehen. Sie warten auf ihren Zug, der sie zu ihrer Schule bringt. Manche haben sich gestern schon von ihren Familien verabschiedet, vielleicht für die ganze Woche, weil ihr Arbeitsplatz ganz woanders in Deutschland ist.

Aufbrechen müssen. Das kann einem manchmal ziemlich schwer fallen. Da würde man sich doch ganz gerne eher nochmal umdrehen, wie Jakob, der Pilger. Josef, der sich mit Maria nach Bethlehem aufgemacht hat, wusste nicht, was ihn erwartet. Er hat sich auf den Weg gemacht. Dazu braucht es eine gute Portion Selbstvertrauen.

Und Gottvertrauen. Gottvertrauen ist ein guter Begleiter auf unseren Wegen. Ob sie nun zum Arbeitsplatz führen oder einen auf eine ganz neue Fährte setzen. Gottvertrauen meint ja: Nicht die Sorge oder die Angst geben die Richtung auf den Wegen vor.  Sondern das Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint. Dass Gott mitgeht.