Apostelgeschichte - Sharing - Eigentum - Teilen
Nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“ So heißt es in der Apostelgeschichte von den ersten Christen und Christinnen. Sie lebten in einer Art Kommune. Man hatte auf Privateigentum verzichtet und jedes Mitglied der kleinen Urgemeinde bekam das, was er oder sie gerade nötig hatte. Möglicherweise feiert der Gedanke des gemeinschaftlichen Eigentums gerade jetzt eine Auferstehung. Und zwar nicht in kommunistischen Staaten wie Nord-Korea oder in Cuba. Sondern in den westlichen Metropolen: Es wird immer populärer zu teilen als zu besitzen.
Zum Beispiel Autos. Ob die Unternehmen Car-2-go oder Car-sharing heißen oder noch anders: mehr und mehr Menschen merken, dass sie mit einem geteilten Auto besser – und das heißt auch: günstiger – fahren, als wenn sie sich ein eigenes Auto für 30.000 Euro vor die Tür stellen. Oder Musik: von vielen jungen Leuten wird nicht mehr eine CD gekauft, sondern per „social-audio-app“ wird Musik geteilt. Weitere Beispiele lassen sich anfügen. Bekannt ist etwa das „Couchsurfing“ – ein inzwischen riesiges, weltweites Netzwerk von Menschen, die sich gegenseitig zum Übernachten auf der eigenen Couch einladen – und so könnte man sagen, mit ihrer Gastfreundschaft auf Zeit teilen, was sie haben: eine Wohnung, eine Waschgelegenheit und eben – eine Couch.
„Teilen ist das neue Haben“ – las ich neulich. Und ein großer Verlag hat gerade jetzt im Juli zu dem Thema sogar eine eigene Zeitschrift mit dem schönen Namen „Share“ entwickelt. Teilen statt besitzen – ein neuer urbaner Trend, der an die alte Vision des Gemeinschaftseigentums anschließt? Das ist gar nicht so unwahrscheinlich. Denn unter der Oberfläche unseres Alltags, der auf Eigentum und Status basiert, hat ein anderes Wissen überlebt. Es gibt etwas, was Teilen über die reine Kosten-Nutzen-Rechnung hinaus attraktiv sein lässt.
Bundespräsident Gauck hat gerade an einen schönen alten Satz erinnert, und gesagt: „Es gibt Dinge, die sich mehren, wenn wir sie teilen, zum Beispiel Liebe und Mitgefühl.“ Das klingt ein wenig nach Poesiealbum und Kalenderspruchweisheit. Aber wenn ich mir anschaue, in welchem Zusammenhang Gauck diesen Satz gesagt hat, dann wird deutlich, dass dahinter eine sehr politische Brisanz steckt: Es ging ihm um die Frage, ob in einer ehemaligen Berliner Schule 200 Flüchtlinge untergebracht werden können. „Es gibt Dinge, die sich mehren, wenn wir sie teilen!“ Da geht es dann darum, nicht nur Mitgefühl, sondern das Leben mit denen zu teilen, die unsere Hilfe brauchen.
Wenn die aktuelle Kultur des Teilens, die Lust am Sharing von allem möglichen vor dem Leben selbst, das wir teilen, nicht halt macht, dann haben wir wirklich eine gute Portion des urchristlichen Gedankens neu verstanden: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“