hr2 ZUSPRUCH
hr2
Häbel, Dr. Ulf

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Am witzigsten sind die kleinen Frösche

Am witzigsten sind die kleinen Frösche

Den Bauernhof, auf dem meine Familie und ich seit über zwanzig Jahren laben, besuchen gelegentlich Kinder. Die Kinder aus unserem Kindergarten im Dorf und aus unserer Dorfschule kommen zu Besuch. Es sind Gruppen und Schulklassen aus anderen Orten dabei - bis aus Frankfurt. Die wollen das Leben auf einem kleinen Bauernhof sehen. DAs ist im Frühling und Frühsommer auch sehr interessant.

Da gibt es eine Menge Lämmer von Schafen und Ziegen. \"Die Lämmer sind süß\", sagen die Kinder. Sie bewundern und streicheln ein halbes Dutzend Stallhasen mit ihren niedlichen Jungen. Da gibt es die Hühner, Glucken die ihre Küken führen und anleiten, wie man auf dem Hof lebt. Aus dem Schwalbennest im Stall, in dem die kleinen Schweine wuseln, gucken sechs kleine Köpfe hervor. Die Schwälbchen sind bald groß und fliegen in den nächsten Tagen aus. Dann regeln sie ihr Leben selbst. Ich finde es gut, dieses Leben auf einem alten Bauernhof, auf dem es so viel Leben mit Menschen und Tieren gibt - Lämmer und Küken, Ziegen und Schweine, Schleiereulen und Igel, Blindschleichen und Fledermäuse.

Nach der Besichtigung des Hofes führte meine Frau die Schulklasse in den großen Bauerngarten, der sich an unseren Hof anschließt. Das ist übrigens überall so. An jeden Bauernhof schließt sich ein großer Garten an, in dem Gemüse, das man zur Ernährung brauchte, und viele bunte Blumen, welche die Lebensfreude der Menschen zeigten, kultivierte.

In diesem Bauerngarten haben wir zwei Teiche angelegt, in denen das Regenwasser von den Scheunendächern aufgefangen und genutzt wird. In den Teichen gibt es unterschiedliche Wasserpflanzen und Seerosen, die jetzt blühen. Und es gibt darin Goldfische. Die haben unsere Kinder hineingesetzt, und die haben sich darin prächtig vermehrt. Und es gibt daran Molche und Frösche. Die Frösche hatten es den Kindern angetan.

Das ist auch witzig mit diesen Fröschen, denn in dem einen Teich sind nur die alten, die großen Frösche. In dem anderen Teich, der nur fünfzig Meter daneben liegt, sind die kleinen, die jungen Frösche. Irgendwie haben die Tiere diese Ordnung hingekriegt. Das fanden die Kinder witzig - ich übrigens auch. In dem Teich der kleinen Frösche, da sitzen die auf den großen Blättern der Seerosen. Überall sitzen die rum, räkeln sich in der Sonne und springen ab und zu ins kühle Wasser.

"Am witzigsten find ich die kleinen Frösche" hat ein Mädchen gesagt, nachdem es unseren Bauernhof besichtigt hatte. "Wenn Du die Frösche siehst, was fällt Dir dann ein?" habe ich das Mädchen gefragt. Denn der Frosch kommt ja als Symbolfigur oder Märchengestalt häufig vor. "Ich denke an den Froschkönig" hat das Mädchen gesagt. Da ist der Frosch ein verzauberter Prinz, der durch die Liebe einer Prinzessin erlöst werden will.

Das Mädchen kannte auch die Geschichte von dem Menschen, der ausgezogen ist das Gruseln zu lernen. Das war so ein total furchtloser und empfindungsarmer Mensch, der sich mal vor etwas gruseln, fürchten, ekeln wollte. Und das hat er dann gelernt, als kleine Frösche in seinem Bett herumgesprungen sind, die ihn ekelten und dann das Gruseln lehrten. Und dann habe ich den Kindern am Froschteich noch eine Fabel über Frösche erzählt, die sie noch nicht gekannt haben. Die geht so:

Es kam einmal ein Frosch aus dem Meer. In großen Sprüngen eroberte er das Land. Bei einem seiner Sprünge landete er in einem Brunnen, in dem andere Frösche lebten. "Woher kommst Du?", fragen die Frösche aus dem Brunnen "und sag: Ist Dein Meer so schön wie der Brunnen?". Der Frosch aus dem Meer antwortete: "Du kannst das Meer mit dem Brunnen nicht vergleichen. Beide sind viel zu unterschiedlich." Da legte der Brunnenfrosch nach: "Ist denn Dein Meer so groß wie mein Brunnen?" Dabei machte er einen Sprung von einer Brunnenseite zur anderen. Der Frosch aus dem Meer wiederholte noch einmal: "Ich habe Dir doch gesagt, dass man Brunnen und Meer nicht miteinander vergleichen kann. Aber wenn Du es unbedingt wissen willst: Das Meer ist unendlich viel größer als Dein Brunnen." Da schrie der Frosch im Brunnen: "Werft diesen unverschämten Kerl hinaus. Es kann nichts Größeres geben als mich und meinen Brunnen."

Diesen Frosch brauchen wir nicht, haben dann die Kinder gesagt. Und sie haben Recht. Leute, die an ihren eigenen Sprüngen die anderen messen, haben wir schon genug. Experten, die immer alles besser recherchiert, bemessen, berechnet haben gibt es genug. Die Bibel sagt: Der Hochmut der Besserwisserei kommt vor dem Fall. Vielleicht verhilft da die Sicht der kleinen Frösche, die sehen das Leben so wie es ist, etwas weiter. Hochmut kommt vor dem Fall; Demut führt zum Himmel.