hr2 ZUSPRUCH
hr2

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin und Professorin für Religionspädagogik, Würzburg

Trisomie-21-Test

Trisomie-21-Test

Ich bin eine von den vielen Frauen, die mit Ende dreißig noch ein Kind bekommen haben. Im Jargon der Frauenheilkunde werden wir als Spätgebärende bezeichnet. Spätgebärende zu sein, das heißt, ein erhöhtes Risiko zu tragen, wenn es darum geht, ob das Kind einmal gesund oder behindert sein wird. Genau das ist die Situation für den Trisomie-21-Test. Letzte Woche hat eine Konstanzer Firma den Test auf den Markt gebracht. Mit ihm kann leichter und frueher als bisher festgestellt werden, ob auf der DNA des werdenden Lebens das Chromosom 21 dreimal anstatt nur zweifach vorhanden ist.

Ich bin hin- und her gerissen, wenn ich das höre. Ist es nicht gut, wenn man den Test machen kann oder sollte man solche Tests eher ablehnen? Gibt es etwas, was die christliche Tradition und der Glaube zur Klärung beitragen kann?

Behindertenverbände prüfen derzeit, ob die Einführung des Tests nicht rechtswidrig ist. Er  führe doch nur zur Selektion. Zum Aussortieren von Menschen, die nicht der Norm entsprechen. Die Kirchen und ich als Christin müssen diesen Einspruch äußerst ernst nehmen, denn schon einmal ist ohne Widerspruch kirchlicher Einrichtungen die Selektion vorangetrieben worden. Das ist zwar schon mehr als sechzig Jahre her und fand unter anderen Konditionen statt, aber was im Dritten Reich geschah, mahnt zur äußersten Vorsicht.

Auf der anderen Seite beeindruckt mich, was Hans-Hilger Ropers vom Max-Planck-Institut in Berlin gesagt hat: Er glaubt, dass in den nächsten 10 bis 15 Jahren die meisten Gendefekte des Menschen aufgeklärt werden und entsprechende Tests zur Verfügung stehen (Vgl. Anne Brüning, Die Unsicherheit bleibt. Es gibt Zweifel am Nutzen des Bluttests. In: FR 6. Juli, 3.).

Ich glaube nicht, dass man aus christlicher Perspektive alle Untersuchungen am menschlichen Genmaterial ablehnen kann. Vielleicht lehnt man irgendwann diesen Bluttest ab, weil er doch nicht genug an medizinischer Einsicht bringt. Aber den Test abzulehnen, weil man sozusagen Gott nicht ins Handwerk pfuschen soll, dies halte ich für eine zu naive Glaubensaussage. Sie ist zu schnell mit der Frage fertig, sie hat eine zu einfache Antwort und sie vermittelt ein Gottesbild, das irgendwie auch nicht über die Aussage hinauskommt, dass man sich dem Plan Gottes fügen muss. Doch wer will denn ernsthaft behaupten, dass der Gendefekt Trisomie-21 von Gott gewollt ist?

Gut verstehen kann ich allerdings etwas Anderes: es gibt behinderte Menschen in Kirche und Theologie, die sagen: „Gott ist behindert.“ Das ist eine starke Aussage, voller Glaube. Sie holt die menschlichen Behinderungen in das Bild von Gott hinein. Mehr noch: Gott ist behindert, das heißt auch: Gott verbindet sich mit dem Schicksal von behinderten Menschen. Gott ist wirklich nichts Menschliches fremd.

Ich bewundere das, wenn Christen und Christinnen so sprechen. Sie können Gott so nah in ihr Leben holen, wie ich es häufig nicht kann. Und es ist wunderbar zu sehen, was ihnen dann alles möglich ist: z. B. bewusst anzunehmen, ein behindertes Kind zu bekommen.