hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Pastorin im Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden, Marburg

Streicheleinheiten

Streicheleinheiten

Gestern Abend lag ich gemütlich auf meinem Sofa. Ich war nicht lange allein. Meine Hündin schaute mich fragend an, und rollte sich dann neben mir zusammen. Mit schön viel Kontakt. Kontaktliegen heißt das und Hunde finden das super. Ich auch. Ich finde die Wärme klasse, die so ein kleiner flauschiger Hundekörper ausstrahlt. Mit diesem Bedürfnis nach Kontakt bin ich nicht alleine. Er ist für uns Menschen überlebenswichtig, vor allem wenn wir ganz frisch auf der Welt sind. Wenn es später darum geht, in den Arm genommen zu werden und ähnliches, ist das nicht mehr so eindeutig. Nicht jede Berührung empfinden wir als positiv.

Psychologen haben festgestellt, dass es auch für unsere Seele so etwas wie Streicheleinheiten gibt („Strokes“, z.B. in Stewart/Joines, Die Transaktionsanalyse. Eine Einführung, Seite 116-135).  Die finden statt, wenn wir von anderen wahrgenommen werden. Z.B. wenn mich eine Freundin liebevoll anschaut, ein Nachbar mich grüßt, oder ein Bekannter mir auf der Straße zu winkt. Oder auch, indem ich von jemanden ein Kompliment bekomme. Aber auch, wenn jemand kritisch auf mich reagiert, erkennt er mich damit an. Er zeigt mir dadurch: ich sehe dich, ich sehe, was du tust, auch wenn ich es nicht gut heiße.

Damit wir uns wirklich wohl fühlen, brauchen wir mehr freundliche Reaktionen als kritische, aber vor allem brauchen wir ehrliche. Nur die stillen das innere Bedürfnis, von anderen beachtet zu werden. Am gründlichsten kann ich einen Menschen ablehnen, indem ich ihn ignoriere. Deshalb scheint es so zu sein, dass Menschen lieber negative Reaktionen bekommen, als gar keine.  Für Kinder ist es deshalb erstrebenswerter, geschimpft zu werden, als gar keinen Kontakt mit ihren Eltern zu erleben. Wenn das früher gut funktioniert hat, behält das auch der Erwachsene bei. Manchmal begegnen einem Menschen, die spezialisiert darauf scheinen, anzuecken und zu provozieren. Es ist ihre Art geworden, in Kontakt mit anderen zu treten um beachtet zu werden.

Schöner sind natürlich gute Worte. Wenn uns andere etwas Schönes gesagt haben, dann können wir dieses freundliche Kompliment verwahren, und uns später noch einmal daran erinnern. Es tut uns dann noch einmal gut. Nun ist es gar nicht immer so leicht, ein Kompliment zu geben. Wie ein schwäbisches Sprichwort sagt: „Nicht gemeckert ist genug gelobt.“ Und Komplimente anzunehmen ist auch nicht so leicht. Oft reagieren wir verlegen, lachen vielleicht und erzählen, warum es gar keine so große Sache war. So bleibt unsere Seele immer ein bisschen hungrig. Es ist, wie wenn wir sie auf Diät gesetzt hätten. Gesund ist dies allerdings nicht.

Ich kann meiner Seele Gutes tun, indem ich würdige, was ich Gutes über mich weiß und indem ich würdige, was andere Gutes zu mir sagen. Indem ich das wirklich ernst nehme und das schöne Gefühl, das dieses gute Wissen über mich auslöst, neu erlebe. Bei einem Kompliment könnte ich also einfach mal sagen: Danke, das tut mir gut!