Erfolgreich Scheitern

Scheitern ist schrecklich. Die Geschichte der Menschen aus der Bibel bis heute ist eine Geschichte vom Scheitern, vom Fallen und vom Aufstehen und neue Wege entdecken.

Eine moderne Geschichte: Lisa hatte sich so darauf gefreut, endlich ins Referendariat zu kommen. Und nun steht sie vor einem Haufen pubertierender Jugendlicher, die alle Regeln durchbrechen, die ihr das Leben zur Hölle machen. Lisa wendet alle Methoden an, die sie mal gelernt hat. Sie versucht zu ignorieren, sie droht, sie kündigt Tests an. Aber nichts verbessert die Situation. Der Pausengong erlöst sie von dieser Klasse, aber nicht aus ihrer Situation. Die Respektlosigkeit schmerzt sie maßlos. Jede Unterrichtsstunde wird zu einer grausamen Erfahrung mehr.

Lisa wollte immer schon Lehrerin werden und hat all ihre Energie in diesen Berufswunsch hineingelegt. Und jetzt scheint ihr Lebensplan wie eine Seifenblase zu zerplatzen. Sie schafft es nicht mehr. Sie kann nicht mehr. Sie will nicht mehr. Sie ist maßlos enttäuscht. Ihr Selbstwertgefühl liegt am Boden. Zu sehr hatte sie sich mit ihrem Berufswunsch identifiziert. Sie spürt, dass der Schulleiter, die Kollegen sowie die Schüler und ihre Eltern sie als Versagerin sehen. Sie fragt sich: „Wovon soll ich leben, wenn ich diesen Beruf nicht ausüben kann?“ Eine Zeit lang macht sie mit brachialer Gewalt gegen sich selbst weiter, nach dem Motto: „Ich habe so viel investiert, ich kann doch nicht alles aufgeben!“ Dann wurde sie krank. Sie trauert über ihr Scheitern, sie schimpft über all jene, die es soweit kommen ließen, dass aus den Jugendlichen eine Meute Unberechenbarer wurde, die sich in das Schulsystem nicht einordnen konnten.

Zum Glück hatte Lisa gute Berater und Freunde, die ihr halfen zu erkennen, was eigentlich schiefgegangen war. Liebevoll, aber durchaus kritisch bewahrten sie sie davor, sich ständig selbst zu geißeln. Einer sagte: „Du darfst dich nicht nur auf die eigenen Fehler konzentrieren und dich deinem Unglück hingeben. Wenn Du möchtest, schauen wir mal, was Du in Zukunft machen könntest. Ich helfe Dir, eine neue Zukunftsperspektive zu entwickeln.“ Viele Gespräche hat Lisa geführt. Lange hat sie überlegt, ob sie den Beruf aufgeben soll. Sie hatte Angst, den Wohnort zu verlassen, der ihre Heimat war.

Doch dann kommt es bei Lisa zum Umdenken. Sie wechselt die Schule, zieht in eine andere Stadt und tauscht sich intensiv mit ihren Kollegen über die Berufserfahrungen aus. Sie erkennt eigene Fehler, die sie gemacht hat. Sie sieht aber auch die schwierige Situation, in der sie sich befand. Sie hatte keine echte Chance auf einen gelingenden Berufseinstieg. Diese Erkenntnis hilft ihr, das Scheitern anzunehmen, aber auch umzudenken und sich neu zu entwickeln. Sie lernt, dass Scheitern nicht nur eine persönliche Sache ist. Jahre später merkt sie, dass es das Beste war, was ihr passieren konnte. Sie hat einen neuen Weg gefunden.

Und weil ich Lisa kennengelernt habe, bleibe ich neugierig auf das, was kommt.