hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin und Professorin für Religionspädagogik, Würzburg

Als unsere Ehe auseinanderbrach

Als unsere Ehe auseinanderbrach

„Was war Ihre größte Krise?“ Auf diese Frage antwortet der Schauspieler Til Schweiger: „Als unsere Ehe auseinanderbrach. Ich war an einem Punkt angekommen, wo es nicht mehr weiterging. Die Krise habe ich im Endeffekt nicht gemeistert, die Trennung war eher ein Befreiungsschlag.“ Als er gefragt wird, wie er die Trennung seinen Kindern beigebracht habe, sagt er: „Wir haben ihnen das, was kein Kind jemals hören will, gemeinsam erklärt. Oder wir haben es zumindest versucht. Den Blick, den sie alle draufhatten, werde ich nie vergessen. Da kann man von ‚meistern’ im Grunde nicht reden.“  (Louis Lewita im Gespräch mit Til Schweiger, „Ich spiele aus Prinzip keinen Nazi.“ Zeit Magazin Nr. 40, 27.9.2012, S. 46)

Til Schweigers Worte gefallen mir, sie sind ehrlich. Er hält nicht hinter dem Berg mit dem Gefühl, das sich wohl bei ganz vielen Eltern einstellt, die ihren Kindern irgendwie beibringen müssen, dass Mutter und Vater sich trennen. Die Kinder wollen das nicht, meistens jedenfalls. Nur wenn die Atmosphäre derart vergiftet ist und offene Gewalt eine Rolle spielt. In den vielen anderen Fällen wäre es den Kindern lieber, wenn sie nicht mit getrennten Eltern lebten. Währenddessen das Paar, das sich trennen will, noch sagen kann, es gab für uns keinen gemeinsamen Weg mehr, sieht die Sache im Angesicht der Kinder anders aus. Schweiger bringt es auf den Punkt: Da kann von „meistern“ keine Rede mehr sein.

Vielleicht liegt es auch daran, dass sich da keine Meister und keine Meisterinnen mehr treffen. Wenn es um die Intimität, um die Gefühle zueinander, um die eigene Persönlichkeit geht, die sich verletzt fühlt, ist man nicht mehr souverän.

Es gibt aus meiner Sicht nur wenige Situationen, in denen erwachsene Menschen so klar und eindeutig wahrnehmen, dass sie gescheitert sind. Das Scheitern einer Ehe, die man doch nach bestem Wissen und Gewissen begonnen hatte und die doch gelingen sollte, zeigt unweigerlich: Nicht nur die Ehe ist gescheitert, sondern man selbst auch. Das heißt ja nicht, dass es nicht manchmal nötig ist, sich zu trennen. In jedem Fall ist es besser sich zu trennen, als sich gegenseitig das Leben unerträglich zu machen. Ich bin also nicht gegen die Möglichkeit, dass man sich scheiden lässt. Ich bin vielmehr für die Möglichkeit, das eigene Versagen einzusehen und auch die eigene Schuld. Denn nur wer so weit geht, kann das schlechte Gewissen, die Schuld (gefühle) gegenüber den Kindern zumindest teilweise los werden. Damit der Blick auf sich selbst und die Kinder wieder freier und froher werden kann.

Doch so ein Prozess findet ja nicht von selbst statt. Ein Angebot, wie man mit dieser Lage umgehen kann, findet sich für mich in der Meditation und auch im Gebet. Ganz einfach gesagt ist es so: Wenn ich die Augen schließe, dann bin ich soweit, dass ich aufhöre, mich zu verteidigen. Oder ich spreche das Vaterunser. Dieses Gebet Jesu gibt Worte dafür, wie man mit dem eigenen Versagen und der Schuld umgehen kann.  „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“  Scheidungen werden juristisch vollzogen und auf dieser Ebene kann viel geklärt werden. , Doch die Schuldgefühle bleiben. So wie Til Schweiger gesagt hat, den Blick seiner Kinder wird er nie vergessen. Was bleibt ist, um Vergebung bitten: Gott und am besten irgendwann auch die Kinder.