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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

Gutes für die neue Woche

Gutes für die neue Woche

Ein guter Satz für die neue Woche kommt jetzt. Der Satz ist vom Italiener Luigi Pirandello (1867 – 1936), Schriftsteller und Träger des Literaturnobelpreises. Er schreibt: Es ist viel leichter, ein Held zu sein als ein anständiger Mensch. Oh ja, das ist wahr. Der Satz rückt wieder ein wenig die Maßstäbe zurecht. Ein Held ist man einmal; ein anständiger Mensch soll man immer sein: montags, dienstags, am Wochenende - einfach immer.

Aber die Welt schaut lieber auf Helden. Alle Lichter gehen an, wenn der Held oder die Heldin auf dem roten Teppich läuft. Einmal haben sie Großes vollbracht, dafür ehren wir sie auch, mit Recht. Und dann? Dann sind sie Helden für immer, egal wie sie leben und lieben. Selbst wenn sie Dummheiten machen oder scheitern - ein Held bleiben sie fast immer, solange unsere Erinnerung an sie reicht. Gerecht ist das nicht. Denn anständige Menschen stehen selten in der Zeitung und sind noch weniger auf einem roten Teppich. Sie sind eben einfach nur anständig. Sie reden nicht schlecht über andere, jedenfalls nicht dauernd und nie sehr laut. Sie helfen im Stillen und selbstverständlich ihren Nachbarn. Sie achten ihre Eltern und Kinder und geben den Armen von ihrem Geld ab. Im Zweifel entscheiden sie sich meistens für das, was der andere braucht. Wenn man sie bittet, haben sie Zeit. Sie sind einfach anständig und leben so, wie sich das der Apostel Paulus gewünscht hat (Neues Testament, Römerbrief Kapitel 12, Vers 18): Ist’s möglich, so viel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Das ist Anstand. Und auf Dauer anständig zu sein ist viel anstrengender, als einmal ein Held zu sein.

Natürlich gönne ich allen Helden ihren Ruhm. Mitunter haben sie ja ihr Leben eingesetzt ohne lange zu fragen. Da sollen sie auch alle Ehren erfahren. Trotzdem lenke ich aber jetzt meinen Scheinwerfer auf die, die einfach anständig leben wollen und sich dabei nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen. Lassen Sie sich nicht beirren, bitte ich die, die möglichst mit allen Menschen Frieden halten wollen, so schwer das auch ist. Sie alle stehen vielleicht nie in der Zeitung, aber Sie tun doch gute Werke. Das Leben braucht manchmal einen Helden, das ist wahr. Aber unser Zusammenleben in Stadt und Land braucht viel mehr die Anständigen, die Treuen, die Fürsorglichen. Die Helden glänzen mal kurz auf, die Anständigen leuchten immer. Das Leben lohnt sich mehr wegen der vielen Anständigen. Denen sage ich hiermit meinen großen Dank. Und wünsche Ihnen viel Gutes für die neue Woche. Und dass die anderen auch anständig sind zu Ihnen.