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Alle Heiligen

Alle Heiligen

Heute ist Allerheiligen, ein wichtiger Feiertag in katholischen Gemeinden. Zum Gedenken der Heiligen werden Festgottesdienste gefeiert. Außerdem besuchen die Gläubigen die Gräber ihrer Verstorbenen, beten dort und zünden Kerzen an. Denn der Allerheiligentag ist weitgehend mit Allerseelen verschmolzen, dem Gedenktag für alle Verstorbenen. Heiliges Leben und die Welt des Todes sind hier miteinander verbunden wie ein Zwillingspaar. Die Unausweichlichkeit des Sterbens provoziert die Frage nach einem gottgefälligen Leben. Denn für viele Menschen ist der Gedanke an den Tod mit Ängsten verbunden, nicht zuletzt mit den uralten Ängsten vor der Hölle. Wer will schon dorthin? Aber wer kann sagen, was das eigentlich ist, das Jenseits? – Die alten Bilder von Himmel und Hölle haben ihre Allgemeingültigkeit längst verloren. Und das Maskentreiben einer Halloween-Party ist kein Ersatz für die alten Bilder der Angst.

Aber da sind ja noch die großen Heiligen! Sie gelten als Vorbilder für ein christliches Leben. Viele haben ihr Leben als Märtyrer für den Glauben gelassen. Schon im neutestamentlichen Brief an die Hebräer ist die Rede von der unsichtbaren „Wolke der Zeugen“. Sie umgibt und bestärkt die Gläubigen auf ihren oft schweren Wegen in der Nachfolge Jesu. Ein schöner Gedanke.

Doch wie ist das mit den Heiligen und dem Protestantismus? Nun, Sankt Nikolaus, die heilige Elisabeth von Marburg, Mutter Teresa und viele andere gelten durchaus als unverzichtbare Vorbilder für Mitmenschlichkeit und Glaubensstärke. Und es gibt wohl kaum eine evangelische Kindertagesstätte, die sich in der kommenden Woche die Feier zum Sankt Martinstag entgehen lassen wird.

Aber nun ist da noch das Apostolische Glaubensbekenntnis. In den Sonntagsgottesdiensten wird es gemeinsam gesprochen. Für viele Menschen provoziert der Text aus der Frühzeit der Kirche allerdings viele Fragen. Da heißt es im Dritten Artikel: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen“. Wie das? In der evangelischen Kirche gibt es doch gar keine Heiligenverehrung! Martin Luther klärte diese Frage auf. Die „Gemeinschaft der Heiligen",

das ist keine besondere Glaubenselite. Es ist vielmehr, wie er sagt, „die ganze Christenheit auf Erden“, die der Heilige Geist „beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt.“ Also: Alle Heiligen. Dazu kann ich mich als Protestant gern bekennen. Nicht aber zur Anbetung einzelner Heiliger. Oder an den Gedanken, sie könnten sozusagen als Stellvertreter für mich bei Gott ein gutes Wort einlegen. Davon, so Luther, steht überhaupt nichts in der Bibel. Das sei ein Irrweg. Denn es könne geschehen, „dass sich Leute gewöhnen, sich gar leicht von Christus abzuwenden, und schnell lernen, mehr Zuversicht auf die Heiligen zu setzen, als auf Christus selbst.“

In diesem Sinne lasse ich mich mit der ganzen Christenheit auf Erden von der „Wolke der Zeugen“ begleiten und stärken.