Wer Gott dient, dem dienen die Engel
Das Jahr muss einfach mit einer guten Nachricht beginnen, liebe Hörer. Dafür bin ich heute Morgen da: Um Ihnen eine sehr gute Nachricht weiterzusagen. Eine Nachricht der Bibel. Zwar ist sie alt, aber trotzdem frisch wie ein neuer Morgen. Im Tempel zu Jerusalem, also da, wo fromme Juden gerne leise oder laut mit Gott sprechen, stehen vor vielen hundert Jahren ein Mann oder eine Frau und sagen voller Freude:
Gott nahe zu sein ist mein Glück
Wenn das keine gute Nachricht ist am frühen Morgen des neuen Jahres. Sie ist offenbar so wichtig, dass die Kirche diesen Satz wie eine Überschrift über das Jahr 2014 gesetzt hat: Gott nahe zu sein ist mein Glück. Und was genau ist das Gute an dieser guten Nachricht? Dazu will ich gleich mehr sagen.
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Gute Nachrichten sind nötig. Allerdings: Vieles in der Welt hält eher die schlechten Nachrichten für wichtig. Je schlechter eine Nachricht, desto besser für Zeitungen, Radio und Fernsehen. Sogenannte Katastrophen sind manchmal wie pures Gold. Dann laufen Zeitungen und Illustrierte zu großer Form auf, was nicht immer eine gute Form ist. Kaum fällt etwas Schnee, ist es schon ein Schneechaos. Regnet es eine Weile, sind in vielen Zeitungen schon ganze Landstriche überflutet. Geht die Ehe von Prominenten zu Ende, kann man Spott oder Häme kaum überlesen. Gerne werden Worte benutzt wie „Inferno“ oder „Horror“. Kein Skandal, der nicht durch Berichterstattung noch viel größer wird, auch wenn sich später manchmal herausstellt, dass der Skandal so groß nun auch wieder nicht war. Und wenn mal wenig oder gar nichts los ist, wird etwas los gemacht. Kleines wird riesengroß geschrieben oder gesendet. Schließlich wollen die Nachrichten verkauft werden. Nachrichten sind heute ein wichtiges Geschäft. Und wer am lautesten damit umgeht, verspricht sich das größte Geschäft.
Da wirken gute Nachrichten oft langweilig. Gottesdienste und Nächstenliebe zum Beispiel haben es schwer, überhaupt noch aufzufallen in der Welt andauernder Sensationen. Viele Menschen gehen lieber dahin, wo richtig was los ist. Manchmal gerät da auch die Kirche schon in Versuchung, immer neue Ereignisse zu erfinden, um Menschen zu sich zu locken. Heute Morgen gibt es eine, wenn auch sehr stille, wirklich gute Nachricht über das Glück im Leben. Da sagt einer im Ersten Testament der Bibel: Glück ist die Nähe Gottes. Also stelle ich gleich die Frage aller Fragen: Wie schaffe ich es, Gott nahe zu sein?
Gar nicht, ist die einfache Antwort. Ich schaffe es gar nicht. Gott ist mir schon nahe, ehe ich überhaupt danach fragen kann oder mich auf einen vielleicht mühsamen Weg machen muss. Die Nähe Gottes in meinem Leben – Zuhause in diesem Augenblick; oder im Dorf, auf der Straße, bei der Arbeit – die Nähe Gottes ist nicht das Problem. Ich kann sie nicht herstellen und muss es auch nicht. Er ist nämlich schon da. Ganz nah. Er und das Glück sind längst da. In den Worten Martin Luthers klingt das Gebet im Psalm 73 so:
(Was immer auch geschieht, Gott), ich bleibe ich stets an dir;
denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat
und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Wenn ich nur dich habe,
so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet,
so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.
Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte
und meine Zuversicht setze auf Gott, den HERRN…
Da ist Gott schon ganz nahe, und zwar immer. Seine Nähe ist überhaupt kein Problem. Das Problem für uns Menschen ist ein ganz anderes: Wie bemerke ich eigentlich, dass Gott mir nahe ist? Wie fühle, spüre, sehe ich das?
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Wie bemerke ich denn, dass Gott mir nahe ist? Wie fühle, spüre, sehe ich das?
Auch darauf ist die Antwort erst einmal einfach und klar: Ich spüre Gott, wenn ich seinen Willen tue. Gottes Nähe ist sein Wille. Tue ich ihn, fühle ich ihn. So weit, so gut.
Oder auch nicht gut. Es gibt nämlich einen gefährlichen Gegner, wenn ich Gottes Willen tun will. Der Gegner heißt: gesunder Menschenverstand. Dieser Gegner hat Kraft, Einfluss und gehörig viel Macht über mich. Er sagt unentwegt wunderbare und sofort einleuchtende Sätze zu mir: Tu gefälligst das, was du willst, sagt der angeblich gesunde Menschenverstand. Oder er sagt: Lass dich nicht unterkriegen. Suche dein Glück. Koste das Leben aus. Unterm Strich zähl‘ ich. Nimm bloß nicht dauernd Rücksicht. Erst kommst du. Herrliche Sätze, überall zu hören, zu lesen und zu sehen. Die Welt läuft schon über von solchen Sätzen. Sieh auf dich; hör auf dein Bauchgefühl oder auf dein Herz. Du darfst nie zu kurz kommen; du darfst nicht dauernd nach anderen fragen. Diese Sätze klingen alle so schön, dass sie kaum noch ein Fragezeichen vertragen. Für viele sind sie sonnenklar.
Gefährlich an diesen Sätzen ist, dass sie nie so ganz falsch sind. Natürlich muss auf mich achten. Ich darf mich nicht unterkriegen lassen - ich soll ja mein Glück finden. Das will Gott auch, darum kann das alles nicht falsch sein. Es ist ja auch gar nicht falsch, was der freundliche Teufel zu Jesus sagt (Neues Testament, Matthäusevangelium Kapitel 4): Wenn du ein richtiger Kerl sein willst, dann zeige doch endlich mal deine Kraft. Wenn du ein Kerl bist, dann nutze auch deine Macht und deinen Einfluss zum Wohle aller. Wenn du in dieser Welt ein Kerl sein willst, dann sei gefälligst auch stolz auf dich und das, was du kannst. Richtig falsch ist das alles nicht. Manchmal dürfen und sollen wir stolz sein auf das, was wir zustande gebracht haben. Liebevolle Kinder und Enkel, ein schmuckes Häuschen, das Einkommen. Natürlich erfreuen wir uns an unserer Nachdenklichkeit und am Rückgrat, das wir gelegentlich zeigen - all das ist schön und wichtig.
Und wem verdanken wir das?
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Wem verdanken wir das, was wir sind und haben?
Jetzt kommt die größte Gefahr im Leben, liebe Hörer. Sie kommt immer ganz leise daher, unscheinbar. Als der Teufel zu Jesus sagt: Sei doch ein Kerl… da hat er ja nicht ganz Unrecht. Jesus könnte. Kraft und den Einfluss hätte er. Schließlich ist er der Sohn Gottes. Aber er will nicht, er will einfach nicht. Stattdessen sagt er: Dass ich ein Kerl bin, verdanke ich nicht mir. Deswegen bete ich nicht mich an. Sondern Gott. Da erst verließ ihn der Teufel. Und die Engel dienten ihm.
Im Zweifel für Gott, heißt das. Wenn mir die Brust schwillt vor Stolz über mich, soll sich bei mir eben noch ganz schnell die Frage einschleichen: Und wem verdanke ich das alles? Dass ich denken kann, Kräfte habe, freundlich sein darf, Kinder und Enkel geraten sind, der Streit zuende gebracht wurde, die Krankheit erträglich geworden ist - wem verdanke ich, dass mich so mancher Schmerz im Leben nicht bitter gemacht hat? Verdanke ich das alles wirklich mir selbst? Natürlich nicht.
Das ist dann der Anfang vom Glück. Gott nahe zu sein ist mein Glück. Ich erkenne, wem ich mein Leben verdanke, wer mir geholfen hat; wer mich vielleicht rechtzeitig gewarnt hat. Wer mir Menschen schickte, die halfen und mir gut taten. Das ist der Anfang vom Glück. Ein kleiner Teufel in mir sagt immer: Du bist nur dein eigener Herr, deine eigene Frau. Das Glück antwortet: Nein, du bist Gottes Geschenk an dich. Tu seinen Willen, und du spürst ihn und seine Nähe.
Wenn ich platzen könnte vor Stolz über mich selber, wenn ich gar nicht mehr aufhören kann, mir selber auf die Schulter zu klopfen, dann sollen in mir alle Alarmglocken zu läuten beginnen. Ich soll dann ein Schrittchen zur Seite treten und mich erinnern, wem ich alles verdanke. Nicht Stolz über mich ist mein Glück, sondern Dank. Nicht der Wahn, ich hätte alles selber in der Hand, ist mein Glück. Aber das kerngesunde Wissen, wer mich beschenkt.
Glück beginnt mit einem Dankeschön an Gott. Dank macht demütig. Davon hören Sie gleich eine Geschichte.
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Glück beginnt mit einem Dankeschön an Gott. Dank macht demütig. Davon erzählt die folgende Geschichte:
Manchmal bewegt der Mann seine Lippen, lautlos. Wenn er‘s merkt, hört er aber sofort auf, damit ihn niemand für verrückt hält. Wo er geht und steht, redet der Mann. Aber nicht mit sich, sondern mit dem lieben Gott. Meist macht er nur, was alle machen. Geht zur Arbeit, hat Familie, muss manchmal weinen und manchmal lachen. Wie alle. Nur eine Gewohnheit unterscheidet ihn: er spricht mit dem lieben Gott, lautlos. Das heißt nicht Hände falten und beten, sondern still reden. Dann fragt er: Warum, Gott, hast du das nicht verhindert? Dieses Unglück? Oder spricht von dem, was in der Familie geschieht mit den Kindern, den Enkeln. Oft ist er nur dankbar. Für den Sonnentag, das kühle Bier im Freien oder seine Gesundheit. Dann sagt er lautlos: Danke, lieber Gott; immer nur Danke. Für alles.
Wenn der Mann aber merkt, dass er seine Lippen bewegt, hält er sie still. Er will kein komischer Kauz sein. Nur einer, der mit dem lieben Gott spricht. Und einen Grund dafür hat. Einen wichtigen. Er will Gott nicht in Ruhe lassen. Er will den lieben Gott keinen guten Mann sein lassen irgendwo in der Ferne oder im Himmel. Er will in seine Nähe. Ihn einfach auf die Erde holen, mitten in sein Leben; in jeden Tag, den der liebe Gott werden lässt. Er will ihn zum Freund haben. Freunde reden eben miteinander. Und wenn der Mann nicht warten will, bis Gott redet, holt er ihn einfach herbei und redet mit ihm, lautlos. Dankt und bittet, macht ihm Vorwürfe oder freut sich. Immerzu. Und hofft, dass er manchmal begreift, was Gott sich denkt, warum er dies oder das tut, warum er nicht immer lieb ist.
Nicht immer versteht er Gott. Manchmal aber doch, Tage oder Wochen später. Er denkt dann, dies hätte mit seinem Reden zu tun und damit, dass er Gott jeden Tag fragt und sogar drängelt. Dass er den Freund zu sich holt durch Reden, als stupse er Gott mit dem Ellbogen an. Ich warte nicht auf seine Nähe, sagt der Mann, ich nähere mich ihm. Und spricht mit ihm, lautlos. Es tut ihm gut, den lieben Gott nicht in Ruhe zu lassen. Und Gott tut es vielleicht auch gut, sagt der Mann, Freund zu sein und Freunde zu haben. Gott liebt es, gebraucht zu werden. Die Nähe von Menschen ist auch für ihn ein Glück.
Nähe zu Gott ist, ihn nicht in Ruhe zu lassen mit dem, was mich bewegt. Nicht Stolz auf mich selbst ist mein Glück, sondern Dank. Nicht der Wahn, ich hätte alles selber in der Hand, ist mein Glück. Hab‘ ich doch gar nicht. Manchmal tu‘ ich zwar so. Aber in Wahrheit tut es mir besser zu wissen, wer mich beschenkt. Und dann? Dann heißt es: Fröhlich und tapfer gelebt in meiner kleinen Welt - nach Gottes Willen. Gleich sage ich, was das bedeuten kann.
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Zu danken macht etwas demütiger. Demut ist nicht ein auf der Erde kriechen, sondern einfach ein immer leises, aufrechtes Dankeschön. Und dann: Fröhlich und tapfer gelebt nach Gottes Willen. Sein Wille heißt: Lass niemanden in deiner kleinen Welt zurück ohne ein wenig Glück. Klingt so leicht; und ist auch leicht. Lass niemanden zurück ohne ein wenig Glück - das ist nur schwer, wenn mir der angeblich gesunde Menschenverstand das Gegenteil sagt. Gesund ist aber nicht allein, was ich will; gesund ist vor allem, was Gott will. Zu jedem Handschlag, den ich vorhabe, und zu jedem Wort, das ich sagen will, soll stets die Frage gehören: Will Gott das auch? Oder will das mein angeblich gesunder Menschenverstand?
Gott will, dass ich verzeihe und nicht Wochen oder Jahre Fehler und Schuld aufrechne. Schuld muss vergeben werden, auch wenn der Schuldige mal nicht darum bittet. Gott will, dass ich mit Rücksicht lebe und nicht mit Ellenbogen. Gott will, dass ich gerecht bin und nicht faule Geschäfte mache, die andere über den Tisch ziehen, wie es so herablassend gesagt wird. Gott will, dass ich teile und nicht horte. Gott will, dass ich viel verstehe und nicht verdamme, auch nicht in Gedanken. Verstehen heißt nicht richtig finden. Verstehen heißt nur, nicht alles in Grund und Boden zu verurteilen. Gott will, dass ich mich kümmere und nicht auf andere warte. Gott will, dass ich nie, nie so groß tue, wie ich mich vielleicht fühle. Und nichts gedankenlos zerstöre, sondern Gottes und meine Erde schone, wann und wo es geht. Und bei allem Gott immer mehr zutraue als mir selbst oder dem angeblich gesunden Menschenverstand.
In meiner Umgebung soll man ein wenig aufatmen können von der Schwere des Lebens; aufatmen können von dem Kampf, der das Leben für viele ja ist. Gott will mein Glück auf eine einzigartige Weise, indem ich nämlich das Unglück anderer etwas kleiner mache. Also mitfühle, auch wenn ich womöglich nichts ändern kann. Wer verstanden wird, für den wird vieles leichter. Sogar der Schmerz.
Das alles klingt mühsam, ist es aber gar nicht. Im Gegenteil. Wer einmal angefangen hat, mehr auf Gottes Willen zu hören als auf den eigenen, spürt bald:
Federleicht ist Gottes Willen. Gott nahe zu sein ist mein Glück. Denn da gibt es noch ein besonderes Versprechen für heute und alle Tage des neuen Jahres. Das Versprechen heißt: Wer Gott dient, dem dienen die Engel.
Das wünsche ich Ihnen für dieses Jahr: Gottes Engel, die Ihnen beistehen und Sie segnen.