hr1 ZUSPRUCH
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Lemmer, André

Ein Sendung von

Katholischer Pfarrer in der Pfarrei Sankt Elisabeth in Kassel

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Was kostet das Leben?

„Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ – So sagt es Jesus in Matthäusevangelium. Worte, die beim ersten Hören sperrig sind. Vielleicht sogar beängstigend. Wer will schon verlieren? Wer möchte sich selbst verleugnen, sein Kreuz tragen? Und doch: Ich glaube, Jesus spricht hier keine Drohung aus, sondern eine Wahrheit. Eine Wahrheit, die sich nicht mit schnellen Sprüchen einfangen lässt – aber die trägt, wenn man genauer hinhört.

Wer sein Leben retten will, wird verlieren

Jesus sagt: Wenn du nur für dich lebst, wenn du alles festhalten willst, absichern, kontrollieren – dann wirst du am Eigentlichen vorbeigehen. Dann verlierst du das, was Leben wirklich ausmacht. Ich muss lernen, dass mein „Ich“ nicht immer die besten Antworten für ein gelingendes Leben bereithält. Meistens ist die bessere Antwort nicht im „Ich“ zu finden, sondern im „DU“. Es gibt eine Art zu leben, die sich anfühlt wie innerlich tot. Und es gibt eine Hingabe, die lebendig macht. Nicht, weil es leicht ist. Sondern weil es wahr ist. Jesus ruft seine Jünger – und damit auch mich – in eine andere Logik. Nicht: Was bringt es mir? Sondern: Wem kann ich dienen? Nicht: Wie kann ich mein Leben verlängern? Sondern: Wie kann ich es sinnvoll füllen? Natürlich: Das klingt nicht nach Wellness. Aber es klingt nach Tiefe. Und ich glaube, jeder spürt das manchmal intuitiv. Wenn ich für jemanden da bin – ohne dabei groß an mich zu denken. Wenn ich Zeit, Kraft oder auch Geld gebe – und dabei merke: Ich bin nicht ärmer, sondern reicher geworden. Jesus sagt: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber dabei seine Seele verliert?“ Eine unbequeme Frage. Aber vielleicht auch eine, die rettet.

Wer loslässt, kann empfangen, wer teilt, wird beschenkt

Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Und nicht alles, was schwer ist, ist falsch. Manchmal ist genau das Kreuz, das ich trage, der Weg zu einem tieferen Sinn im Leben. Wer loslässt, der kann empfangen. Wer teilt, wird beschenkt. Wer sich hingibt, wird nicht leer – sondern erfüllt. Vielleicht fängt Leben genau da an, wo ich aufhöre, mich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.