hr1 ZUSPRUCH
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Seeger, Andrea

Eine Sendung von

Evangelische Theologin, Oberursel

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Neue Wege – unerwartet

Abschiede gehören zum Leben. Oft sind sie schmerzhaft, gerade dann, wenn man sie nicht selbst gewählt hat. Vor einem dreiviertel Jahr ist mein Mann gestorben. Das war sehr schmerzhaft. Ich vermisse ihn – jeden Tag.

Wenn es anders kommt als erwartet

Das Leben läuft jetzt zum Teil in anderen Bahnen, neue Wege tun sich auf. Oft ganz unerwartet. Als die Nachricht vom Tod meines Mannes die Runde gemacht hatte, haben viele Menschen mir und meiner Familie ihr Mitgefühl ausgedrückt – persönlich, oft auch in schriftlicher Form. Das hat gutgetan und hilft mir auch jetzt noch, wenn ich wieder und wieder die lieben Worte lese. Es tröstet mich, dass so viele Menschen an ihn gedacht haben. Auch solche, die ich gar nicht auf dem Zettel hatte. 

Eine Kondulenznachricht eines ehemaligen Arbeitskollegen

Eine der Karten stammt von einem meiner ehemaligen Zeitungskollegen. Vor gut 30 Jahren habe ich mit ihm zusammengearbeitet, gar nicht mal sehr lange. Beide haben wir dann die Stelle gewechselt. Über die Jahre las ich von ihm im Wirtschaftsteil einer großen Zeitung, er hörte mich im Radio. Gesprochen haben wir nicht miteinander, auch gesehen haben wir uns nicht.

Auf der Karte schreibt er von seinen wunderbaren Erinnerungen an meinen Mann und an uns beide. „Die bleiben.“ heißt es kurz und bündig. Diese Anteilnahme empfand ich als ein Geschenk des Himmels. Kurzerhand rief ich ihn an - selbe Nummer, selber Tonfall.

Wir verabredeten uns: Er half mir, mein Leben Revue passieren zu lassen

Wir verabredeten uns in einem Cafe. Als der ehemalige Kollege hereinkam, war es, als ob wir uns gestern zuletzt gesehen hätten. Wir erzählten und erzählten – über damals, über heute, über die Kinder, die Menschen, die wir beide kennen, ehrenamtliche Tätigkeiten, Urlaube, über Gott und die Welt. Er half mir, mein Leben Revue passieren zu lassen, die Erinnerungen an meinen Mann inklusive.

Irgendwann mussten wir aufhören, andere Termine drängten. Mein Ex-Kollege sagte beim Abschied lächelnd: „Von den 30 Jahren, die wir uns nicht gesehen haben, sind nun zehn aufgearbeitet. 20 Jahre warten noch.“ Wir machen das. Das nächste Treffen ist schon anberaumt. Ich freue mich darauf.