Spatzenplage
Der kleine Singvogel Spatz hat ein eher positives Image. „Mein Spatz“ oder „Spatzl“ ist sogar ein liebevoller Kosename. Aber nicht immer und überall war der Spatz so beliebt. In China Ende der 50er Jahre standen die Spatzen unter Verdacht, die Ernte zu schädigen. Darum startete die damalige Regierung Chinas unter Mao Zedong eine Anti-Spatzen-Kampagne. Die Leute sollten mit Gongs und Töpfen durch die Gegend laufen und so laut scheppern, dass die Spatzen aufgescheucht werden und keinen ungestörten Landeplatz finden. Das klappte auch. Aber mit einer negativen Folge, die niemand bedacht hatte: Es kam eine große Insektenplage. Denn ohne die Spatzen konnten sich die Insekten munter vermehren.
Vieles ist nicht einfach nur gut oder schlecht
Für mich ist diese Geschichte ein Beispiel dafür: Vieles ist nicht einfach nur gut oder schlecht, nur niedlich oder schädlich. So leicht lässt sich die Welt nicht einteilen. Ich bin manchmal schnell dabei, Dinge als richtig oder falsch zu bewerten. Das ist einfach und überschaubar, spart dem Gehirn Energie und ist auch verständlich. Menschen brauchen solche Vereinfachungen. Sie machen das Leben weniger kompliziert. Aber wie bei der Spatzen-Aktion übersehe ich dabei leicht: Die komplexen Fragen des Lebens sind eben nicht „einfach“. Sie haben viele Zwischentöne, und alles hängt mit allem zusammen.
Liebevoll hinschauen - auch auf sich selbst
Mit dem eigenen Herzen geht es mir da nicht anders. Was da so alles vor sich geht - sehr kompliziert und nicht immer verstehe ich mich. Und dann urteile ich hart über mich, bewerte mich selbst negativ. In der Bibel steht der Satz: Gott sieht ins Herz (1. Samuel 16,7). Gott weiß, dass auch im Herzen vieles Gründe und Ursachen hat. Auch da: Zwischentöne. Immerhin einer, der den Durchblick hat, der genau und liebevoll hinschaut. Das will ich üben. Liebevoll hinschauen. Auf mich selbst, auf meine Nächsten, auf die Fragen dieser Welt.