hr1 ZUSPRUCH
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Twents, Simone

Eine Sendung von

Katholische Dezernetin für Glaubenskommunikation und Pastorale Innovation, Fulda

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Gott ist schon da

Was haben Kunstvernissage, Enkelkind und Pfadfinder gemeinsam? Dass Gott schon da ist, – ich bringe ihn nicht dorthin. Aber ich kann ihn dort entdecken. Ich habe das erlebt.

Ich denke zum Beispiel an eine Frau, die regelmäßig unsere Vernissagen und Kunstausstellungen im katholischen Stadthaus besuchte. Irgendwann fiel ihr in unserem Foyer der Flyer eines Glaubenskurses in die Hand: „Einfach mal 8 Wochen lang so tun, als ob es Gott gibt, und schauen, was passiert“ war einer der Sätze in dem Flyer. Sie fühlte sich da so hingezogen und konnte gar nicht beschreiben, warum. Eigentlich hatte sie schon lange mit Kirche abgeschlossen. Sie erzählte es zu Hause ihrem Mann und der sagte spontan: „Spinnst du? Geh da nicht hin!“ Also ist sie nicht hingegangen. Aber ein halbes Jahr später lag wieder dieser Flyer da und ließ ihr einfach keine Ruhe … So kam sie schließlich auf unseren Glaubenskurs. Inzwischen, viele Jahre später, sind beide ehrenamtlich engagiert und aktiv im Glauben unterwegs. Meine Kollegin aus dem Foyer sagte immer scherzhaft: „Aus manchem Toilettengang ist schon ein Glaubenskurs geworden.“

Ich denke auch an eine Pfadfinder-Leiterin, die kürzlich zu mir sagte: „Ich war viele Jahre gar nicht mehr am Glauben und an der Kirche interessiert, bin über die Kinder wieder dazu gekommen – und jetzt kann ich nicht mehr aufhören! Es treibt mich von innen her an, da brennt etwas in mir.“

Das Schneeball-Prinzip: aus einem Funken wird fester Glauben

Ich denke an ein Gespräch mit einem international bekannten Jazzmusiker, der mich ganz unbefangen fragte: „Do you believe in God, or are you only working here? – Glauben Sie an Gott oder arbeiten Sie bloß hier?“ Ich habe versucht, in Worte zu fassen, was Glauben für mich heißt, – etwas, das es wie ein Geschenk ist, das auf mich zukommt, eine überraschende Liebe, die mich an sich zieht. Ich fragte ihn: „Was inspiriert Sie?“ Und er antwortete: „Ich habe keinen Bezug zu einem persönlichen Gott. Aber ich empfinde großen Respekt vor Menschen, die diese Erfahrung machen. Ich glaube, worum es beim Menschsein geht, ist wirkliche Verantwortung zu übernehmen. Und das ist zugleich so unendlich schwer. Das Drama der Menschheit.“

Und ich denke an eine Teilnehmerin unseres Glaubenskurses, die schon weit über 70 war und lange nichts mit dem Glauben zu tun hatte. Sie sagte: „Die Geburt meines Enkelkindes hat etwas in mir ausgelöst. Ich war so dankbar und wusste nicht, wohin ich meine Dankbarkeit richten sollte. Da habe ich gemerkt, dass ich sie an Gott richten will und habe mich auf die Suche gemacht.“

Ich kann mich auch heute nach Gott auf die Suche machen. Oder einfach offen sein und mich von ihm überraschen lassen. Egal, wo ich suche: Er ist schon da.