hr1 ZUSPRUCH
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Twents, Simone

Eine Sendung von

Katholische Dezernetin für Glaubenskommunikation und Pastorale Innovation, Fulda

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Gott beim Jazzkonzert

“Kann Gott auch in einem Jazzkonzert wirken? Oder braucht er dafür kirchliche Veranstaltungen und Seminare?“ Diese Frage hat mich beschäftigt, als ich 2010 in der Citypastoral im wunderschönen Maxhaus in Düsseldorf angefangen habe. Ich war mir tatsächlich unsicher, ob ich dort eine Jazzreihe anfangen sollte. Aber Düsseldorf war nun mal eine Jazzstadt, also probierte ich es einfach aus. Ich selbst allerdings hatte immer einen inhaltlichen Vorbehalt: als Theologin hatte ich Zweifel, ob ein Jazzkonzert genug Inhalt rüberbringt. Bis auf einmal zwei Ereignisse am selben Tag zusammentrafen:

Morgens war eine Sitzung mit Vertretern verschiedener katholischer Bildungswerke zum Thema 50 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil. Wir wollten dazu eine Veranstaltungsreihe anbieten und ich dachte: „Endlich mal wieder etwas Inhaltliches!“ Die Sitzung entpuppte sich dann aber als eine „Guckt mal, was wir alles Tolles machen“-Sitzung, wo jeder Vertreter nur mit seinem Wissen und seinen Errungenschaften protzte. Jeder kreist um sich, es kommt nichts Produktives heraus.

Ist Gott auch Musiker? Vielleicht sogar Jazz-Liebhaber?

Gleich am Abend hatte ich etwas Tolles vor, ich sollte ein Jazzkonzert moderieren und als Veranstalterin begleiten. Beim Jazz geht es viel um Improvisation eines musikalischen Grundthemas. Wenn der Schlagzeuger einen Lauf hatte, haben der Bassist und der Pianist abgedämpft und die Improvisation des Schlagzeuges unterstützt. Das Trio improvisierte und es kam etwas Neues dabei heraus, das mehr war als die Summe der Einzelleistungen und das keiner „machen“ konnte, sondern das man nur gemeinsam entstehen lassen konnte. Diese großartige Atmosphäre ging auf das Publikum über. Und während des Konzertes geschah noch etwas anderes: Vor der Tür unseres Hauses stand ein Mann und verkaufte Obdachlosenzeitungen. Zu Beginn des zweiten Konzertteils sagte der Pianist zum Publikum: „Vor der Tür steht ein netter Herr und verkauft eine wertvolle Zeitung. Sie wissen alle, wofür das ist, und ich freue mich, wenn Sie beim Rausgehen eine Zeitung kaufen.“ Ganz selbstverständlich etwas Gutes tun, ohne viel Aufhebens. Beim Rausgehen nahmen viele eine Zeitung mit.  Als ich dann am Abend auf der Bettkante meinen Tag Revue passieren ließ, fragte ich mich: „Wo ist heute eigentlich mehr Evangelium passiert? Am Vormittag oder am Abend?“  Für mich war die Antwort klar: am Abend. Viel mehr Demut, viel mehr Inspiration, viel mehr Haltung.

Mir wurde klar: Gott ist so viel größer als meine kleinen Formen, in denen ich ihn erwarte. Er ist ein unendlicher Schöpfer immer neuen Lebens und damit darf auch ich heute rechnen.