Osterruhe war Mist
Diese Woche habe ich in der deutschen Bundespolitik etwas erlebt, was ich so noch nie erlebt habe: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat öffentlich ihre eigene Entscheidung als Fehler bezeichnet. Wörtlich sagte sie: "Um es klipp und klar zu sagen: Die Idee der sogenannten Osterruhe war ein Fehler. Ein Fehler muss als Fehler benannt werden und vor allem muss er korrigiert werden, und wenn möglich, hat das noch rechtzeitig zu geschehen."
Damit hat die Bundeskanzlerin ja quasi gesagt: Ich hab Quatsch entschieden. Ich hab das zwar vorgestern dem ganzen Land als Entscheidung kommuniziert, aber jetzt merke ich: Das war nicht ausgereift. Ich nehme es zurück. Kommando rückwärts. Und das mitten im heißen Gefecht des politischen Tagesgeschäfts. Wenden in drei Zügen.
Weiter sagte sie: "Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler, denn am Ende trage ich für alles die letzte Verantwortung. Qua Amt ist das so." So angespannt die Lage auch ist und so sehr mich dieses ganze Corona hin und her echt nervt: Merkels Entschuldigung fand ich erfrischend anders.
Ich selbst habe es in dieser Woche anders gemacht: In meinem Verantwortungsbereich ist ein Fehler passiert und ich habe rumgeeiert. "Ich hab das doch gar nicht direkt verschuldet. Das lag doch an dem …, und weil die … Ich wasche meine Hände in Unschuld …" Wie erfrischend anders hat die Bundeskanzlerin agiert: Sie übernimmt die Verantwortung für diesen Fehler. Qua Amt und in aller Öffentlichkeit. Bemerkenswert fand ich das. Und nicht selbstverständlich.
Jemand, der Verantwortung übernimmt – das hat mir in dieser Woche in meiner katholischen Kirche gefehlt. Nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens von Köln haben Vertreter meiner Kirche bewiesen: Verantwortung übernehmen, das ist keineswegs selbstverständlich. Da schlingern Erzbischöfe und Kardinäle in aller Öffentlichkeit um Ehrlichkeit und Verantwortung herum. Die Verantwortung für Fehler zu übernehmen, scheint das Schwerste überhaupt zu sein. Dagegen macht auch die Religion nicht immun.
"Um es klipp und klar zu sagen: Diese Idee war ein Fehler. Und für diesen Fehler übernehme ich die Verantwortung." Der schwerste Satz der Welt. Ich finde ihn sehr nah an dem, wofür Jesus steht. Er hat gesagt: "Euer Ja sein ein Ja, und euer Nein sei ein Nein. Alles andere ist vom Bösen." Klare Kante und: erfrischend!