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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Frieden für sich selbst - nicht ohne Gerechtigkeit für die Armen

Zum Armut- und Reichtumsbericht des Hochtaunuskreises

Da ist zum Beispiel Herr Khalid. Er stammt aus Ostafrika und lebt seit über einem Jahr in einer Gemeinschaftsunterkunft. Er möchte nicht von Sozialleistungen abhängig sein. Was er sich wünscht, ist Arbeit. Und er möchte aus der Sammelunterkunft ausziehen und am sozialen Leben teilhaben. Er sagt: „Wir wünschen uns einfach eines: Behandelt uns Flüchtlinge nicht wie Fremdkörper, sondern wie Mitbürger. Wir sind doch Menschen wie ihr.“ (Dieses und alle weiteren Zitate aus: www.evangelisch-hochtaunus.de/dekanat/aktuelles-aus-dem-dekanat/a212mfd341/sozialbericht-htk-2015.pdf)

Auch Frau Schneider, eine allein erziehende Mutter, leidet unter dem Gefühl, dass die anderen auf sie runterschauen. Sie sagt: „Man wird direkt in eine Schublade geschoben, nach dem Motto: „Ja, die kann nichts, die muss ja ein ‚Assi‘ sein, wenn sie Hartz IV bekommt.““

Und dann ist da Frau Meyer, Anfang 60. Ihre Rente ist so klein, dass sie Anspruch auf Unterstützung hat, auf Grundsicherungsleistungen, wie das heißt. Aber Frau Meyer nimmt sie nicht an. Sie will – wie sie sagt „mit diesen ganzen Behörden nichts mehr zu tun haben. Die tun mir nicht gut. Mir, meiner Psyche, meiner Seele.“

Ich merke, diesen Menschen ist etwas viel wichtiger als Geld: das ist die Anerkennung als Menschen mit Würde und mit Chancen. Sie wünschen sich, dass ihnen nicht herablassend begegnet wird, schon gar nicht auf den Ämtern, in denen ihre Armut verwaltet wird.

Respekt vor den Schwachen und Gerechtigkeit für die Armen – eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Aber vielleicht sind manchen diese armen Nachbarn auch einfach unbequem? Denn es stellen sich lästige Fragen: „Müsste ich etwas abgeben von meinem Wohlstand? Warum geht es mir eigentlich besser als Frau Schneider oder einem Kriegsflüchtling aus Afrika? Das habe ich mir doch erarbeitet!“, werden viele sagen. Das mag sein. Aber vielleicht hatten sie auch einfach mehr Glück im Leben?

Wem es gut geht, muss nicht gleich ein schlechtes Gewissen haben. Aber jeder Mensch hat eine Verpflichtung, sich für die einzusetzen, die arm sind. Nur wenn wir Gerechtigkeit für andere suchen, werden wir Frieden für uns selbst finden.