Krise in der Ukraine und was auf dem Spiel steht: Frieden
Brennende Barrikaden. Panzer, die gegen Demonstranten vorrücken. Truppen werden auf beiden Seiten der Grenze mobilisiert und führen Drohmanöver durch. Dazu eine Sprache, die wir in Europa lange nicht mehr gehört haben. Sie redet von Feinden. Wenn ich die Berichte aus der Ukraine sehe, wird mir bewusst, was wir hier in Deutschland haben: Seit neunundsechzig Jahren herrscht bei uns Frieden. Meine Eltern haben als Kinder noch das Ende des Zweiten Weltkriegs mitgemacht. Wer, wie ich, in den Siebzigern geboren ist, kennt nichts als Frieden.
Meine Generation hat es nicht erlebt, dass in der eigenen Stadt geschossen wird und Militär mit scharfem Geschütz aufmarschiert. Seit der Wende von 1989 hatte sich nach und nach auch das Blockdenken aufgelöst: Hier West, da Ost. Hier gut, da böse. Hier Freund, da Feind. Das schien endlich überwunden. Gott sei Dank! Umso mehr wird klar, was jetzt an den Grenzen Europas auf dem Spiel steht. Wir genießen in Europa Frieden, Freiheit, eine funktionierende Demokratie, so langwierig und nervig sie manchmal auch ist.
Wir haben Menschenrechte. Dazu eine wache Zivilgesellschaft und eine kritische Presse, die warnen und aufschreien, wo Menschenrechte verletzt werden. Europa hat in den letzten hundert Jahren gelernt, dass Nationalismus in die Katastrophe führt. Europa ist das Projekt, bei dem verschiedene Völker das Miteinander statt das Gegeneinander suchen. Dazu tragen nicht zuletzt christliche Werte bei: Versöhnung. Die Überzeugung, dass Starke den Schwachen helfen sollten. Nächstenliebe und ja, auch Feindesliebe. Das sind hohe Errungenschaften Europas.
Und was tun wir? Wir nehmen das alles schlaff als selbstverständlich hin. Aber das ist es nicht. Wer immer weniger zu Wahlen geht und pauschal über Politiker schimpft, sollte dringend aufwachen. Zu viel steht auf dem Spiel. Wir dürfen das Feld nicht den Rückwärtsgewandten, den Engstirnigen, den neuen Nationalisten überlassen.
Was das alles mit der bedrohlichen Situation in der Ukraine zu tun hat? In genau einem Monat, am 25. Mai ist Europawahl. Die Kirchen in Europa rufen auf: Geht zur Wahl! Als Christen, als Bürger überhaupt tragen wir zu Europa bei. Also mischen wir uns ein! Sonst profitieren von einer geringen Wahlbeteiligung besonders die, die schon wieder dumme rechtspopulistische Parolen plakatieren. Wer bei der Europawahl wählt, kann ein Zeichen für Zusammengehörigkeit setzen. Ein Kreuz für den Frieden.