„Schenk ihm dein Herz!“
Als junge Frau wollte meine Mutter gerne Sängerin werden. Doch dann hat sie geheiratet. Sie bekam sechs Kinder, und es kam der zweite Weltkrieg. Ihr Mann war in der Zeit als Soldat unterwegs. So ist meine Mutter aus den Bombennächten im Ruhrgebiet mit uns Kindern allein von zu Hause weggegangen und ist mit uns in die größere Sicherheit eines Dorfes gezogen. Das Singen hat sie bei alle dem aufgegeben.
Lediglich an Weihnachten hat meine Mutter für uns immer ein kunstvolles Lied gesungen: „Drei Könige wandern aus dem Morgenland“, ein Lied des Komponisten Peter Cornelius.
Das alles ist lange her und eigentlich schon längst vorbei. Und meine Mutter ist auch schon vor vielen Jahren gestorben. Aber jedes Jahr Weihnachten denke ich an dieses Lied, das sie gerne gesungen hat, das Lied von den Königen aus dem Morgenland.
Es ist wie eine Einladung, sich hineinzuversetzen in die drei Könige, die den Weg gegangen sind, bis sie in die Stadt Bethlehem kamen, zum Jesuskind. Es ist ein gefühlvolles Lied, das der romantische Liederdichter Peter Cornelius geschrieben hat. Es lädt ein, den Weg der Könige mitzugehen: „Die Könige wandern, o wandere mit“.
Meine Mutter hat das in der Kriegs- und Nachkriegszeit gerne gesungen. Und sie hatte den Mut und die Entschlossenheit, aufzubrechen, um auf jeden Fall Schutz zu suchen und zu finden vor dem drohenden Bombenhagel. Ich glaube, das Lied hat ihr einen Weg eröffnet, wo es heißt: „Der Stern des Friedens erhelle dein Ziel.“
Am Ende wendet das Lied den Blick weg von den teuren Geschenken der Könige: „Und fehlen Weihrauch, Myrrhe und Gold, schenk ihm dein Herz.“ Plötzlich zählt da nur die eigene Herzlichkeit. Und sie zählt mehr als alles Geld und Gold, offen zu werden für menschliches Miteinander, für Geben und Nehmen – offen auch für die weihnachtliche Geburt.
Lieder können wie ein roter Faden sein für den eigenen Weg. Mein roter Faden durch die bunte Weihnachtswelt ist dieses Lied. Das Lied von den drei Königen aus dem Morgenland.