hr1 ZUSPRUCH
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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

„Ja, dazu helfe mir Allah.“

„Ja, dazu helfe mir Allah.“

Die Trauung näherte sich ihrem Höhepunkt mit der Frage an den Bräutigam: „Mehmet, willst du Lena als deine Frau lieben und ehren und versprichst du, mit ihr eine wahrhaftige und mutige Ehe zu führen euer Leben lang?“ Darauf der Bräutigam: „Ja, dazu helfe mir Allah.“

„Geht das denn überhaupt: eine christlich-muslimische Trauung?“ fragte hinterher ein Onkel.

Genau das gleiche hatte ich mich auch gefragt, Wochen vorher, als Lena und Mehmet bei mir im Pfarrbüro saßen und das Aufgebot bestellten.

„So einfach, wie ihr euch das denkt, geht das nicht“, hatte ich den beiden im ersten Gespräch spontan gesagt. Islam und Christentum – sind doch total unterschiedlich. Später hab ich Verordnungen gelesen und kirchliche Richtlinien. Ich hab Gespräche geführt und hab mich informiert.

Und jetzt waren sie zusammengekommen zur Trauung in der alten Kirche. An die 200 Verwandte und Freunde waren dabei. Und als Lena und Mehmet einzogen, standen alle auf und sangen „Viel Glück und viel Segen auf all euren Wegen.“

„Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, fing der Trauungsgottesdienst an, so wie auch sonst ein evangelischer Gottesdienst anfängt. Aber diesmal war vieles anders als sonst.

Der eine Vater las einen Text aus der Bibel. Der andere las vor der Gemeinde aus dem Koran. Lenas Mutter sprach einen christlichen Segen und Mehmets Mutter sprach arabische Segenswünsche für das Paar.

Am Ende sangen alle das amerikanische Spiritual: „He’s got the whole world in his hands.” Gott hält die Welt in seiner Hand. Und in dem Moment erfand einer der Freunde eine neue Liedstrophe: „He’s got Muslims and Christians, Gott hält Muslime und Christen in seiner Hand.“

Als wir draußen vor der Kirche zusammenstanden, fragte eine junge Frau: „Ob die andere Seite auch so offen und einladend wäre?“

Ich hab der jungen Frau mit ihrer kritischen Frage recht gegeben. Ja, es gibt vieles, was die Offenheit zwischen den Religionen schwierig macht. Aber wo Menschen zusammen leben, da müssen auch die Religionen eine Antwort finden. Und was am Ende zählt – ist die Sprache der Liebe und die Sprache des Respekts.