Das Geschenk der Miss Liberty
Seit 125 Jahren reckt die Freiheitsstatue ihre Fackel in den Himmel von New York City, heute wird ihr Geburtstag gefeiert. Für Millionen von Einwanderern ist sie das Symbol für ein Leben in Freiheit. Alle Schiffe, die in den New Yorker Hafen einlaufen, fahren an ihr vorbei und niemand an Bord will ihren Anblick verpassen. Viele sind gerührt, dankbar für die Freiheit, die sie genießen, oder voller Hoffnung, endlich selbst frei zu sein.
Sie ist ein Geschenk. Sowohl die Statue, als auch die Freiheit selbst.
Die Statue hat Frankreich den Vereinigten Staaten geschenkt als Erinnerung an deren Unabhängigkeit von England. Den Sockel sollten die Amerikaner selbst bezahlen, so war es ausgemacht.
Aber die Zeiten waren hart im Amerika des 19. Jahrhunderts, es war schwer, die hunderttausend Dollar für den Sockel aufzubringen.
Joseph Pulitzer, der Herausgeber der New York World, hat es dann doch geschafft. Er hat zu einer Spendenaktion aufgerufen und versprochen, den Namen jedes Spenders in seiner Zeitung zu veröffentlichen, und sei die Spende noch so klein.
Bald hatten hundertzwanzigtausend Menschen 102000 Dollar gespendet. Die allermeisten weniger als einen Dollar. Die schon frei waren, haben das nicht nur selbst genossen. Sie haben es sich auch etwas kosten lassen.
Dass auch die Freiheit selbst ein Geschenk ist, das beschreibt Paulus im Neuen Testament so: „Gott hat euch zur Freiheit berufen…“ aber missbraucht eure Freiheit nicht … für eure selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe.“
Dass die Freien die Unterdrückten einladen, bei ihnen frei zu leben, das ist inzwischen auch in den USA längst nicht mehr selbstverständlich. Spätestens nach dem 11. September 2001.
Fast unmöglich, eine Greencard zu bekommen. Ein „Schutzwall“ ist an der Grenze zu Mexiko eingerichtet worden, die Zahl der Grenzschutzsoldaten verdoppelt. Auch jeder Tourist muss sich vorab registrieren lassen, ein Foto, 10 Fingerabdrücke.
Die Vereinten Nationen haben die Freiheitsstatue 1984 zum Weltkulturerbe erklärt. Damals hieß es, sie ist „ein … starkes Symbol für Ideale wie Freiheit, Frieden, Menschenrechte …ein Symbol, das zum Nachdenken, zu Debatten und zum Protest anregt.“
Nach ihren Geburtstagsfeierlichkeiten wird die Freiheitsstatue wieder mal renoviert. Ich finde, auch die Debatte um das Geschenk der Freiheit sollte dabei mit renoviert werden, nicht nur in Amerika. Vielleicht werden dann wieder mehr Menschen bereit, sich die Freiheit der anderen etwas kosten zu lassen.