GOTTESDIENSTÜBERTRAGUNGEN
Mecke, Norbert

Eine Sendung von

Dekan, Melsungen

Ich bin da, wenn du mich brauchst

Evangelischer ARD-Gottesdienst zum Buß-und Bettag aus der evangelischen Stadtkirche Melsungen

Die ARD überträgt den Gottesdienst heute live ab 10:00 Uhr. Dekan Norbert Mecke aus Melsungen hält die Predigt und gestaltet die Liturgie gemeinsam mit einem Team.
Die musikalische Gesamtleitung liegt in den Händen von Bezirkskantorin Kornelia Kupski, die auch Orgel spielt. Unter ihrer Leitung wirken mit: Vokalensemble mit Tina Bier, Stella Antwerpen, Nedialko Peev und Christoph Bier, Ingo Hassenstein (Gitarre) und Sängerin Njeri Weth

Der Buß- und Bettag ist für evangelische Christinnen und Christen ein Tag der Besinnung und Neuorientierung im Leben. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gestalten auch in diesem Jahr wieder eine öffentlichkeitswirksame Kampagne unter dem Motto “Ich bin da, wenn du mich brauchst”.

Dieses Motto nimmt der Gottesdienst auf und geht in den Statements der Mitwirkenden und der Predigt den Fragen nach: Wie kann Hilfe in Notsituationen aussehen und ist Gott auch da, wenn wir ihn um Hilfe bitten? 

Den Gottesdienst finden Sie nach der Ausstrahlung in der ARD-Mediathek.

Predigt von Dekan Norbert Mecke (Es gilt das gesprochene Wort)

Teil 1 

Es gibt einen Satz über Gott – der hat mich gepackt! Den Satz hat vor langer Zeit der Leiter meiner Kindergruppe gesagt. Und dann saß da der damals 9-jährige Norbert Mecke und merkt sich das bis heute! 

„Gott hat eine Telefonnummer!“ 

„Gott hat eine Telefonnummer und die ist 50-15! Speicherts Euch fürs Leben!“ „50-15“. Das ließ sich als „Kurzwahl“ super merken. Sie steht für Psalm 50, Vers 15: Gott spricht: „Rufe mich an in der Not, so will ich Dich erretten!“ Oder etwas anders formuliert: „Ich bin da, wenn Du mich brauchst!“

„Ruf doch mal an!“, stand damals groß an jeder Telefonzelle. Für die Jüngeren: Das waren so Boxen, in denen Münz-Telefone hingen – damit man von unterwegs jemanden anrufen konnte.

„Gott hat eine Telefonnummer. 50-15. Ruf doch mal an!“ 

Eine himmlische Hotline ohne Dudel-Musik in der Dauerschleife

Irgendwie hat sich bis heute bei mir festgesetzt: Es gibt eine himmlische Hotline. Die ist freigeschaltet. Ohne langes:  „Leider befinden sich alle unsere Mitarbeiter in Kundengesprächen. Versuchen Sie es bitte zu einem späteren Zeitpunkt.“ 

Ohne Dudel-Musik in Dauerschleife und Du weißt nicht: ‚Kommste irgendwann durch oder legst Du nach erfolglosen 15 Minuten Warten entnervt auf?‘

Gott: erreichbar! 

Gott: erreichbar: Weit vor der Erfindung von Telefonen, in einer fernen Zeit, erzählt Jesus davon: Und das mit einem eigentlich ziemlich unverschämten Beispiel. Oder wie fänden Sie das, wenn jemand Sie mitten in der Nacht rausklingelt und Sturm klopft, weil er sich was leihen will? 

Er hat unerwartet Besuch gekriegt und nix im Vorratsregal. Na toll: Und jetzt macht er Sie samt Familie wach. Wenn mich Klopfen oder Klingeln nachts aus dem Schlaf reißen, denke ich: Sonst was ist passiert!

„Aber unter Freunden“, sagt Jesus, „hilft man sich – aus Herzlichkeit oder wenn´s nur ist, um wieder seine Ruhe zu haben.“ Ist das an den Haaren herbeigezogen? Nein. Das ist Realität. 

Davon erzählt Marion Munk: 

Eine Bitte um Hilfe mitten in der Nacht

Marion Munk: Genau das hat mein 18-jähriger Sohn in diesem Frühjahr erlebt. Mitten in der Nacht war für ihn und seinen Freund jemand völlig Fremdes da, als er Hilfe brauchte. 

David war mit einem Freund auf einer Faschingsfeier.  Die war in einem kleinen Ort rund 20 km von uns. Wir hatten ausgemacht, dass er anruft und wir sie abholen. Irgendwann wollten sie nach Hause und dann: die Akkus beider Handys leer... “Gut, es sind noch ein paar Leute im Saal” dachten Sie, “da wird wohl einer ein Ladekabel haben” Aber niemand konnte oder wollte helfen. Mittlerweile war es sehr spät. Sie hingen dort fest. Es war Nacht, es war kalt und sie wollten einfach nur heim. 

Es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig als irgendwo zu klingen.  Im Grunde war es fast abzusehen: sie wurden direkt verscheucht, “Junge, hau ab, weißt Du wie spät es ist? ihr seid suspekt.” Dann haben sie an der nächsten Tür geklingelt. Eine Frau fragte durch das Fenster, warum sie klingeln. Als sie ihr erzählt haben, was passiert, hat sie gesagt: “Bleibt auf Abstand, legt das Handy auf die Fensterbank, ich lade es Euch schnell auf. Ich kenne das, ich hab einen Jungen in eurem Alter. 

Und während der Ladezeit haben die drei nett geplaudert. Am Ende hat sie ihnen das Handy sogar direkt in die Hand zurückgegeben. Sie war einfach da, als sie gebraucht wurde. Eine tolle Begegnung und Erfahrung mitten in der Nacht.

Dekan Mecke: Wow! Haben Sie auch schon mal in ähnlicher Weise Hilfe erlebt, als Sie in der Klemme waren? 

Musik: I´ll be there for you (Jackson five):

Let me fill your heart with joy and laughter
Togetherness, girl, is all I′m after
Whenever you need me, I′ll be there (I'll be there)
I′ll be there to protect you (yeah, baby)
With an unselfish love that respects you
Just call my name and I'll be there (I′ll be there)

And oh, I'll be there to comfort you
Build my world of dreams around you, I′m so glad that I found you
I'll be there with a love that's strong
I′ll be your strength, I′ll keep holding on
Woo, woo (holdin' on, holdin′ on, holdin' on) yes I will, yes I will

Teil 2 

Ich bin immer für dich da

Whenever you need me, I′ll be there. Wann auch immer Du mich brauchst. Ich bin da! With an unselfish love that respects you: mit selbstloser Liebe und Hochachtung Dir gegenüber. Just call my name! Ruf einfach meinen Namen. 

O-Ton Jesus: Wenn Ihr das unter freundlichen Menschen erlebt - um wieviel mehr bei Gott: „Bittet Gott, und er wird euch geben. Klopft an, euch wird geöffnet!“

Jesus verbindet Gott und gute Freundschaft

Jesus verbindet Gott und unsere Erfahrung mit guten Freunden. Er kann Gott gar nicht ohne Beziehung zu uns denken. Eben nicht „Hotline“ nach irgendwo und: „Da werden Sie geholfen!“ Sondern: Freundschaft. Die trägt. Da steht einer hinter Dir, zu Dir. Und wenn Du´s besonders brauchst, bewährt es sich besonders. 

Ein Klingelknopf für Gott

Wo bei einer Klingel sonst der Name steht, steht bei ihm: „Ich bin da – für Dich!“ Stünde da nur „Gott“ oder „Allah“ oder „Höhere Macht“ – hm?! Würde ich da klingeln? 

Ich wäre unsicher, ob ich Kleiner in der Chefetage wirklich an der richtigen Adresse bin. Oder wie der ist, wie es bei ihm zugeht und aussieht, ob er mich versteht und mir überhaupt wohlgesonnen ist. Aber hier steht schon schwarz auf weiß: „Ich tue was für Dich!“

Wie fühlt sich beten für Sie an?

Naja. Da könnte man aber auch reichlich Enttäuschungen zusammentragen – oder?! Wo war der denn, als ich mir beim Beten den Daumen wund geklingelt habe: Er sollte einen mir nahe-stehenden Menschen aus dem Loch finsterer Gedanken rausholen, in dem er sich verfangen hatte. Erfolglos. Fühlt sich Beten nicht oft an wie „Kein Anschluss unter dieser Nummer“: wenn von Gott nix kommt, wo ich „sturmschelle“? Manchmal scheint es eher: „Rufe mich an in der Not – und dann schaun mer mal!“?

Da kommste nicht mal um Mitternacht, sondern zur besten Tageszeit und der Freund borgt Dir nix, nicht mal ein Ohr. Gottes Schweigen. Ich verstehe jeden, der dann sagt: „Nee, da brauchste gar nicht erst anklingeln!“ – Ja, das kenne ich auch. 

Anruf in der Not - immer wieder

Aber ich habe es eben auch anders erlebt. Ich habe als junger Mann schuldhaft einen Autounfall verursacht. Und dann lag da eine ältere Frau auf der Intensivstation – meinetwegen. „50-15“. Gottes Nummer. Anruf in der Not. Mal um Mal. „Hilf! Ihr – im Überlebenskampf. Lass sie bitte nicht sterben! Lass sie wieder gesund werden!“ Anruf in der Not: Beten mit meinem Riesenkloß von Schuld im Hals und Felsbrocken auf der Seele, dass ich mein Versagen nicht wieder gutmachen kann. Tränen, gescheiterte Besuche bei der Frau, ich am Boden zerstört – und sie erst! Und keine schnelle himmlische Antwort „Zack-zack-zack und wieder gut!“. 

Gott ist die Kraft, die ich nicht habe

Aber eine Gewissheit kam – sozusagen beim Immer-Wieder-Anklingeln: Du bist nicht allein. Gott ist da. Er hört und sieht. Und wie es auch ausgeht, ich brauche ihn. Und wie! Ich habe ihn nötig. Er ist für mich notwendig im Wortsinn. 

„I will be your strength“: Er ist die Kraft, die ich nicht habe.  „I will keep holding on“: Er bleibt dran und lässt nicht los: die Frau nicht, mich nicht. 

Es ging damals gut aus. Gott sei Dank! Aber was ich mitgenommen habe, ist mehr als ein „Hap-py end“, mehr als ein „erfolgreiches Rausklingeln“. Es war mein Türöffner in Sachen Zuversicht – wie eine himmlische Umarmung und die Gewissheit: „Da ist jemand, der dein Herz versteht. Und der mit dir bis ans Ende geht!“

Musik: “Ist da jemand” von Adel Tawil
Da ist jemand, der dein Herz versteht. Und der mit dir bis ans Ende geht 
Wenn du selber nicht mehr an dich glaubst. Dann ist da jemand, ist da jemand 
Der dir den Schatten von der Seele nimmt 
Und dich sicher nach Hause bringt
Immer wenn du es am meisten brauchst
Dann ist da jemand, ist da jemand.

Predigt, Teil 3 

„In der Not erkennt man seine Freunde!“

„Ich bin da, wenn Du mich brauchst!“ 
Man sagt: „In der Not erkennt man seine Freunde!“ Wenn einem etwas fehlt und man es geliehen bekommt – sogar zur Unzeit, wie Jesus es erzählt. Wenn Freunde zu mir stehen, wo es mir schlecht geht oder ich etwas verbockt habe – und sie sich diesen Einsatz echt was kosten lassen: Zeit, Nerven, Hirnschmalz. Freundschaft ist kein Spaziergang, sondern Arbeit: Freundschaft ist Liebe, die die Ärmel hochkrempeln. 

Deshalb redet Jesus auch nicht nur davon, dass Gott da ist, wenn wir ihn brauchen. Er geht einen Weg, der ihn alles kostet – nicht nur hochgekrempelte Ärmel, sondern sein letztes Hemd. Er schreckt nicht einmal vor dem Kreuzestod zurück: „Ich bin da. Selbst, wenn Du mir einmal noch so zur Last fällst. Es gibt keine Not, in der Du Gott als Freund verlierst. Du kannst noch so tief fallen. Und selbst im Tod bin ich da, so wie Du es brauchst und öffne Dir die Tür zu Leben!“

Was da auf unserer Klingel steht, sind keine leeren Worte. Was auf der Klingel steht, ist die Zusammenfassung der Botschaft von Jesus und der Botschaft der Bibel.

Buß- und Bettag - ein Anlass zum überlegen, was ich von Gott brauche

Heute ist Buß- und Bettag: Der Tag lädt förmlich zum Anklingeln ein. Und zum Überlegen, was ich eigentlich brauche – an Lebenskraft, neuer Zuversicht, Stärkung. Heute und überhaupt. 

Was ich mir für mein Leben gerne von Gott leihen will, wie von einem guten Freund, damit ich genug habe – für mich und um anderen ein guter Gastgeber zu sein. Denn das ist ja das Tolle an dem um Mitternacht bittenden Freud: Er denkt an andere!

Wo werde ich gebraucht?

Das ist auch an einem Bettag eine gute Idee! „Gott, mich besucht gerade ein Gedanke an einen anderen, der etwas braucht! Sei für ihn da. Und zeig mir, was ich ihm Gutes und Nahrhaftes auftischen kann.“

Auch wir werden gebraucht. Und Beten setzt in Bewegung! Wohl gar nicht zuerst Gott; der weiß sicher schon vor unserem Gebet, was wir wirklich brauchen. Vor allem der Beter wird neu be-weglich: weil er sich aus einer lebendigen Beziehung heraus versteht – zu Gott und anderen. Wer betet weiß, dass er braucht und gebraucht wird.

Klingelton ertönt

Am Bußtag ist das Klingelgeräusch auch ein Wachmacher: Wer bei Gott klingelt, ist sich selbst nicht genug. Und wenn wir zum Schluss „Amen“ sagen, heißt das nicht: So, Gott, kannst jetzt wieder auflegen oder die Tür schließen. Hast wieder Deine Ruhe!“

Amen - So ist es

„Amen“ heißt: „So ist es!“ So ist es: Wir klopfen, klingeln, beten nicht umsonst! Wir richten uns auf Gott aus und lassen uns von ihm neu ausrichten: Wir treten ein bei ihm und lassen uns die Zuversicht neu justieren, unser Strahlen wieder neu polieren und borgen uns neue Kraft, um von ihm angesteckt für andere da zu sein.

Wir mit ihm, er mit uns: mittendrin im Leben! So ist es!