
So wunderbar geschaffen
Im Haus gegenüber wurden im letzten Sommer Zwillinge geboren. Zwei Buben. Manchmal wehten ganz zart die Stimmchen der Neugeborenen zu mir hinüber. Übers Jahr sind die Stimmen kräftiger geworden. Nun höre ich ein Brabbeln, energisches Schreien oder einen Juchzer bei geöffnetem Fenster. Doch es wird nochmal ein Jahr ins Land gehen, bis die kleinen Jungs an den Zaun laufen und ich mit ihnen plaudern kann. Und bis sie rüber rufen, dass es wegen der Feier ihres 18.Geburtstags lauter werden kann, gehen noch viele Jahre ins Land.
Die Entwicklung eines Kindes zur Selbständigkeit dauert sehr lange
Ich staune immer wieder, wie lange es braucht, bis ein Menschenkind selbständig ist. Bis alle Körperteile wirklich ausgebildet sind und alle Fähigkeiten zum Leben und Miteinander-Sein entwickelt sind.
In der Bibel betet ein Mensch zu Gott: „Du hast meine Nieren geschaffen, mich im Bauch meiner Mutter gebildet. Ich danke dir und staune, dass ich so wunderbar geschaffen bin.“ (Psalm 139, 13+14) Jeder Mensch ist ein Wunder und kostbar, Geschöpf Gottes. Was wird aus den Zwillingen gegenüber mal werden? Sie sind Jungs, welche Art Mann wollen sie mal sein? Werden sie das gleiche machen, weil sie Zwillinge sind?
In diesem Sommer werden alle 18-Jährigen zu ihrer Haltung zum Wehrdienst angefragt werden. Die Beantwortung eines Fragebogens ist für junge Männer verpflichtend, für Frauen freiwillig. Der Wehrdienst selbst bleibt zurzeit noch freiwillig.
Das Leben ist ein hohes Gut
Blicke ich auf die kleinen Jungs gegenüber, dann machen mir diese Fragen das Herz schwer. Soldat-Sein ist kein Abenteuer und Mann-Sein mehr als Kämpfen. „Wehrpflichtig“ bedeutet, unter Einsatz von Gewalt für die Freiheit des Landes zu kämpfen. Und dafür schlimmstenfalls das eigene Leben zu geben. „…Wunderbar bin ich geschaffen…“ das Leben ist ein hohes Gut. Es zu geben oder anderen im Kampf zu nehmen ein hoher Preis und eine Verantwortung, die mit Schuld vor Gott einhergeht.
Der Wunsch nach Frieden für unsere Kinder
Ich wünsche den Zwillingen von Gegenüber, dass sie in Frieden aufwachsen können. Ich wünsche allen 18-Jährigen Männern -und auch Frauen- in diesem Sommer Eltern, Freunde und eine Schule, die mit ihnen die wichtigen Fragen nach Krieg und Frieden, Schuld und Verantwortung besprechen.
Der betende Mensch im Psalm weiß, dass das Leben Streit und Hass bereithält. Seine Gefühle dazu bringt er im Gebet vor Gott. Und schließt mit den Worten: „Erforsche mich Gott, und erkenne mein Herz. Versteh mich und begreife, was ich denke. Sieh doch, ob ich auf einem falschen Weg bin, und führe mich auf dem Weg, der Zukunft hat!“