Wer was wird, wird Wirt
gesprochen von Stephanie Mosler
Seit Wochen freute ich mich auf diesen Nachmittag. Die erste Probe für das diesjährige Krippenspiel stand an. Der Stuhlkreis war gestellt, die Textpassagen lagen bereit. Schon kurz vor vier Uhr, füllten sich die Plätze mit erwartungsvollen Kindern. Jedes Jahr so um diese Zeit, finden in unzähligen Gemeinden die ersten Treffen für das traditionelle Kinderkrippenspiel statt. Hier wird die Geschichte von Jesu Geburt nacherzählt und schauspielerisch dargestellt. Es gab in den vergangenen Jahren schon Krippenspiele in einem echten Schafstall oder auf dem Kirchplatz. Mal mit einem echten Baby, was Jesus symbolisierte. Corona-geschuldet sogar mal mit Videokamera und im Anschluss online abrufbar. Doch eines ist immer wieder gleich: die Vorfreude und besondere die Spannung, wenn es um die Rollenverteilung geht.
Who is who? Welche Rolle passt zu mir?
Wer möchte ich sein? Träume ich von einem Hirten, in einer Fellweste oder wäre ich lieber ein mutiger Soldat? Spricht mich die Rolle der Maria an oder wäre ich gerne ein Engel? Schon nach wenigen Minuten war mir klar, es wird nicht einfach. Und enttäuschen wollte ich auch niemanden, trotzdem erste Unstimmigkeiten machten sich breit und sorgten für eine Diskussion zwischen zwei potenziellen Schauspielern. Aber zum Glück: kurze Zeit später einigten sich die beiden Jungs. So weit, so gut. Die Rollen waren nach und nach verteilt, bis auf eine: die des Wirts. Eine entscheidende Rolle, wegweisend für die ganze Geschichte, denn der Wirt schickt die schwangere Maria und ihren Mann Josef weg. Sie müssen weiterziehen und schließlich im Stall Unterschlupf finden. Obwohl einige Kinder noch keine Rolle haben, finde ich trotz guten Zuredens keinen Freiwilligen für die Rolle des Wirts. Ich bin etwas ratlos, doch da stellen die Kinder fest: Obwohl es nicht die vermeintlich wichtigste oder ansprechendste und schon gar nicht sympathischste Rolle ist, ist sie unverzichtbar.
Nur gemeinsam schaffen wir etwas Großes
Und plötzlich meldet sich ein Junge, der zuvor nur als stummer Hirte mitspielen wollte. Er spielt den Wirt, sagt er und wir alle spürten, wie sich die Gesamtsituation entspannt. Einige Kinder bedankten sich sogar bei dem Jungen. Ein Krippenspiel ohne Wirt konnte sich keiner so richtig vorstellen. Umso deutlicher war für mich und auch für alle anderen Kindern: Wir alle spielen eine wichtige Rolle, auf niemanden wollen wir verzichten und nur zusammen, indem alle dabei sind, wird es ein unvergessliches Krippenspiel.