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Eintracht-Fan und Überlebender des Holocaust - Helmut Sonneberg
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Eintracht-Fan und Überlebender des Holocaust - Helmut Sonneberg

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Helmut Sonneberg, genannt Sonny, ist ein hessisches Original und ein leidenschaftlicher Eintracht-Fan.

1959 mit dem Käfer nach Berlin zur Deutschen Meisterschaft

Zur Deutschen Meisterschaft 1959 in Berlin ist er mit einem Käfer gefahren. Einen besonderen Hut, den ihm seine Schwester dafür bastelte, hat er heute noch. Das Stadion in Frankfurt und die Fan-Gemeinschaft sind damals seine zweite Heimat geworden. Endlich deutsche Normalität.

Lange redet er nicht über seine jüdische Vergangenheit

Denn Helmut Sonneberg trägt ein Geheimnis mit sich. Mehrere Jahrzehnte schweigt er darüber. Erst 2007 redet er über seine jüdische Vergangenheit. Als er mit dem Leiter des Eintracht-Museums zusammensitzt, der über die jüdischen Wurzeln des Vereins forscht.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktags hat der hr einen Dokumentar-Film mit Helmut Sonneberg gedreht. Sonny ist inzwischen über 90 Jahre alt, aber sehr rüstig. In dem Film erzählt Sonneberg, wie es damals in der Nazizeit für ihn in Frankfurt war.

Helmut Sonneberg erfährt erst mit sieben Jahren, dass er Jude ist

Als 1938 die Synagoge am Börneplatz brennt, hört er zum ersten Mal von seiner jüdischen Mutter, dass er ein Jude ist. „Was ist das?“, fragt der Siebenjährige. Die Welt des Kindes gerät ins Wanken, er stellt sich viele Fragen: „Bin ich anders? Sehe ich anders aus? Bin ich ansteckend krank?“ Ab dem Zeitpunkt wird er von den Jungen der Hitler-Jugend geschlagen, getreten und bespuckt. Sonneberg sagt: „Ich hatte nur Angst. Sieben Jahre lang hatte ich keine Freunde. Eine Scheißzeit.“

"Ich kann vergeben, ich kann auch vergessen. Aber die Narben, die bleiben"

Im Jahr 1945 deportieren die Nazis ihn und seine Mutter ins Lager Theresienstadt. Der deutsche Stiefvater und die Halbschwester bleiben in Frankfurt. Helmut Sonneberg erzählt weiter aus der Zeit im Lager: „Morgens Graupensuppe, mittags Graupensuppe, abends Graupensuppe. „Als ich zurückkam, hab’ ich 27 Kilo gewogen. War ich 14. Ich kann vergeben, ich kann auch vergessen. Aber die Narben, die bleiben.“ Die Tränen, die er an der Stelle des Films weint, wühlen auf. Und gleichzeitig freu ich mich. Ich freue mich, dass es Sonny gibt. Dass es ihn immer noch, trotz allem, gibt. Mit seiner Lebensfreude. Mit seiner hessischen Art. Dem Leben zugewandt.

Dankbar für die Gemeinschaft bei der Eintracht

In dem Film sieht man am Ende Sonny mit der Straßenbahn durch sein Frankfurt fahren: am Römer und an der Paulskirche, an den Bankentürmen und am Opernplatz vorbei. Trotz allem, was er als Kind und Jugendlicher erlebt hat, trotz seiner Narben, die immer noch schmerzen, ist er dankbar. Er ist dankbar für die Gemeinschaft bei der Eintracht. Er ist dankbar für Menschen aus Politik, Kultur und Kunst, die sich für seine Lebensgeschichte interessieren und die Vergangenheit nicht vergessen. Kurz: Er ist dankbar für das Leben.

Dankbar für das Leben

Dankbarkeit als Grundhaltung dem Leben gegenüber, Gott gegenüber. Das bewundere ich. Sonny sagt: „Was dank ich dem lieben Gott! Jeden Tag, wenn ich aufsteh, guck ich in den Himmel und sag „Danke“. Dass ich die Sonne seh, den Mond, das Wetter. Der Regen auf meiner Haut. Macht mir alles einen Riesenspaß.“

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