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Fair statt mehr

Fair statt mehr

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt
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Mittlerweile gibt es sie in jedem Supermarkt: fair gehandelte Produkte. Ich kann mich noch erinnern: In meiner Jugend gab‘s fair gehandelten Kaffee nur in Eine-Welt-Läden, die damals noch: Dritte-Welt-Läden hießen. Der Faire Handel feiert in diesem Jahr Jubiläum: Fünfzig Jahre gibt es ihn jetzt schon. Damals, 1970, haben das katholische Hilfswerk Misereor und die evangelische Aktion Brot für die Welt beschlossen: Wir wollen nicht nur Spenden geben, wir wollen die Welt auch durch einen gerechten Handel gerechter machen. Derzeit wird überall in Deutschland die „Faire Woche“ begangen. Und es wird im Jubiläumsjahr daran erinnert: Wir können mit fairem Einkaufen die Welt verändern, wir können sie wirklich besser machen, ganz simpel durch das, was wir tagtäglich in unseren Einkaufswagen legen!

Der Inhalt meines Einkaufswagens entscheidet mit

Ich bin froh, dass sich die Idee des fairen Handels in den letzten fünfzig Jahren so verbreitet hat. Dass es fair gehandelte Schokolade oder fair gehandelten Kaffee mittlerweile fast überall zu kaufen gibt, die Markanteile steigen stetig. Vielen Menschen ist in den letzten Jahren bewusst geworden: Sie können durch ihren Einkauf mitentscheiden, wie es den Produzenten in anderen Ländern, in den Ländern des Globalen Südens geht. Ich erinnere mich an Reportagen über Kinder auf Kakaoplantagen, die mich geschockt haben: Kinder haben da geerntet, die zig Stunden hart arbeiten mussten, statt in die Schule zu gehen. Solch eine Schokolade will ich nicht essen, die schmeckt nicht süß, sondern bitter. Und umgekehrt erinnere ich mich an Artikel und Sendungen in den letzten Jahren über die guten Beispiele im Welthandel: Projekte in Äthiopien oder in Indien, beim Kaffee- oder Reisanbau zum Beispiel. Menschen bekommen da den Lohn, der ihnen zusteht. Mit dem sie ihre Familie ernähren und ihre Kinder in die Schule schicken können.

Mehr Genuss mit gutem Gewissen

Natürlich: Bis heute kosten faire Produkte etwas mehr als die Produkte ohne Fairtrade-Siegel, die im Supermarktregal daneben liegen. Und gerade in Deutschland, wo man gerne spart beim Einkaufen, ist die Versuchung groß, nach dem Billigeren zu greifen. Aber ehrlich: Das bessere Gewissen darf man seit fünfzig Jahren mit fair gehandelten Produkten haben. Und was in den letzten Jahren als Gedanke auch stärker geworden ist: Ich kann den höheren Preis vielleicht dadurch ausgleichen, dass ich etwas weniger einkaufe. „Fair statt mehr“. So lautet das Motto der Fairen Woche in diesem Jahr. Und es greift auf, was viele Menschen entdecken, nicht erst seit Corona-Zeiten: Ein gutes Leben ist auch mit weniger Konsum möglich. Mit weniger Fernreisen, mit weniger neuester Technik. Vielleicht sogar auch: mit weniger Kaffee morgens. Statt zwei Tassen Kaffee mit bitterem Beigeschmack genieße ich lieber: eine Tasse Kaffee, fair gehandelt, mit gutem Gewissen und gutem Geschmack.

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