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Herbstlaub
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Herbstlaub

Kurt Grützner
Ein Beitrag von Kurt Grützner, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Gestern war ich auf dem Friedhof: Totensonntag!
Das mache ich jedes Jahr. Meine Eltern liegen dort begraben. Und mein bester Freund auch.
Als der Posaunenchor spielt, lasse ich meinen Blicken freien Lauf. Da sind die anderen, die auch zur Andacht gekommen sind. Was uns verbindet: Sie haben hier auch Menschen beerdigt, die sie lieb gehabt haben. An sie denken wir, aber auch daran, dass wir sterben werden. Gemeinsam ist das leichter.

Mein Blick bleibt an einem Laubhaufen hängen. Wie gerne sind wir als Kinder da reingesprungen, haben die Blätter mit den Füßen übermütig hochgekickt, uns gegenseitig damit beworfen, manchmal sogar mit dem ganzen Körper drin gewälzt. Diese Erinnerung zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht.

Die Blätter werden mir zum Symbol für unser Leben: Im Frühjahr sind die Knospen aufgesprungen und haben das ganze Land in ein frisches Grün getaucht. Im Sommer wurde ihr grün kräftig dunkel. Im Herbst haben sie all ihre satten Farben leuchten lassen. Das war wunderschön!

Interessant finde ich: Die Farbenpracht des Herbstes hatten die Blätter schon immer in sich. Nur das Grün der Jugend war eben stärker. Wie im Menschenleben. Die ganze Farbenpracht zeigt sich erst im Herbst des Lebens. Der ganze Reichtum an Erfahrungen, den guten und den schlechten. Sie bringen die Farben erst so richtig zum Leuchten.

Und nun liegen sie hier. Schon etwas modrig. Sie werden guten Humus geben, der neues Leben bringen wird. Von Erde bist du genommen, zu Erde wirst du werden. (1.Mose 3,19).

Mein Blick geht wieder zu den anderen Menschen. Ob sie was Ähnliches denken
oder fühlen? Ich weiß es nicht. Aber es tut mir gut, dass sie da sind. Ich muss nicht allein an meine Verstorbenen denken. Und ich weiß: Alle, die wir hier stehen, haben mit dem jugendlichen Frühlingsgrün begonnen und werden zu Erde werden, wie die braunen Blätter. Ich gehe diesen Weg nicht allein. Darum treffen sich Christen am Ewigkeitssonntag auf unseren Friedhöfen. Neues Leben ist uns zugesagt.

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