Toleranz
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Toleranz

Dr. Fabian Vogt
Ein Beitrag von Dr. Fabian Vogt, Evangelischer Pfarrer in der Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt

Moderator/in: Jedes Jahr ist am 16. November der „Welttag der Toleranz“. Weil am 16. November 1995 fast alle Staaten der Erde eine gemeinsame Erklärung der UNESCO unterzeichnet haben: Wir wollen eine Weltgemeinschaft sein, in der man einander mit Toleranz begegnet. Das gilt natürlich auch für die Religionen. Fabian Vogt von der evangelischen Kirche: Wie siehst du denn das?

Ich kann das ja nur aus christlicher Perspektive betrachten … aber ich finde den „Welttag der Toleranz“ unglaublich wichtig. Weil er eben ermutigt, Unterschiede auszuhalten … Menschen nicht einfach zu verurteilen, nur weil sie anders denken oder glauben … und weil Toleranz „eine Tugend ist, die den Frieden ermöglicht“, wie es die UNESCO ganz klug formuliert. Und dabei sagt sie bewusst: Toleranz heißt nicht, nachgeben oder alles akzeptieren. Es heißt vor allem: den anderen erst mal mit seinen Eigenschaften ernst nehmen.

Nun haben sich ja die Kirchen, was die Toleranz angeht, auch nicht immer mit Ruhm bekleckert.

Stimmt. Die Kirchen sind in ihrer Geschichte mit Andersdenkenden oft sehr intolerant gewesen. Das ist auch deshalb besonders erschreckend, weil Jesus selbst ja ganz anders war. Jesus ist auf alle Gruppen, die zu seiner Zeit verachtet waren, offen zugegangen: Aussätzige, Zöllner, Ehebrecher, Samariter, Prostituierte oder alle, die damals einfach als Sünder galten. Die hat man auf der Straße nicht mal gegrüßt – und Jesus hat sich zu ihnen gesetzt und sich ihre Geschichten angehört. Natürlich hat er den Leuten dann auch gesagt, wenn er Dinge anders sieht – aber für ihn war jeder erst mal ein von Gott geliebter Mensch. Insofern gehört „Toleranz“ eigentlich zu einem Ur-Ideal des Christentums. Das müssen auch wir Christen immer wieder neu entdecken.

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