Für den Sieg beten
„Darf man eigentlich für den Sieg von unserer Mannschaft beten?“ fragt mich ein Schüler aus der vierten Klasse. Er fragt in die Unterrichtsgruppe: Wenn das die Fans von der anderen Mannschaft auch machen, das ist doch dann ein Problem für Gott. Denn die polnischen Fans werden heute ja vielleicht auch für einen Sieg beten. Wie Gott das denn wohl sieht.
Der Schüler erzählt munter, dass er auch bei den beiden Relegationsspielen der Eintracht gegen Nürnberg für unser hessisches Team gebetet hat. Und nicht nur er. Und – schließlich haben sie dann ja auch gewonnen. Neugierig schauen mich die Schüler an. Manche nicken zustimmend. Hilft beten denn dann – und wenn es beim Fußball nicht hilft, bringt es das denn überhaupt?
Heute geht’s mit der Fußball – EM los. Das erste Spiel unserer Fußballnationalmannschaft in Paris gegen Polen. Für sie ist das ein ernsthaftes Problem. „Natürlich kannst du für unsere Mannschaft beten,“ sage ich. „Du kannst für alles beten, was dir auf dem Herzen liegt. Und es kann gut sein, dass auch in Polen Menschen jetzt für ihr Team beten.“ Es gibt da kein Richtig und Falsch. Mir hilft dabei, dass ich oft das Vaterunser bete, erzähle ich den Kindern. Darin heißt es ja: „Dein Wille geschehe. Wie im Himmel – so auch auf Erden.“
Ich kann und will doch Gott nicht festlegen. Ich persönlich bete auch nicht für den Sieg beim Fußball. Aber schon für das Turnier, für die Besucher. Dass nichts Schlimmes passiert, dass es keinen Terroranschlag gibt. Nicht im Stadion und nicht davor. Dass Leute mit düsteren Gedanken von ihren Plänen lassen. Dass keine Gewalt geschieht, auch kein Rassismus. Dass Fairplay, Fröhlichkeit und Spielfreude gewinnen. Ich glaube daran, dass das Gottes Wille ist. Gewinnen soll die bessere Mannschaft. So in der Art bete ich gerne. Auch für die EM in Frankreich. Fußball kann ein Stück Himmel sein und Lebensfreude zaubern. Gottes Wille geschehe, auch bei einem wichtigen Fußballturnier, das finde ich gut.