Kehle und Seele beruhigen
„Bitte atmen Sie durch die Nase. Dann stört Sie das Wasser im Mund gar nicht.“ Diese Anweisung der Zahnarztmitarbeiterin befreit mich aus den Grübeleien. Eben noch habe ich mich furchtbar geärgert. Mein Kopfkino läuft auf Hochtouren. Wie geht es mit dem Konflikt weiter? Wer pöbelt mich als nächstes an?
Ruhig atmen und nicht schlucken
Jetzt aber gilt es zu atmen. Durch die Nase. Schlucken soll ich nicht, damit die verschiedenen Gerätschaften im Mund nicht durcheinandergeraten. Professionelle Zahnreinigung gehört sonst nicht zu meinen Highlights – aber heute tut es richtig gut. Die Geräusche, das leichte Ziehen am Zahnfleisch, warmes Wasser und kalte Luft lenken mich ab. Statt mit wirren Gedanken bin ich jetzt ganz mit meinem Zähnen und dem regelmäßigen Atmen beschäftigt.
Körperliches und Emotional-Geistiges sind nicht zu trennen
Weit nach hinten gekippt und den Mund offen versuche ich, nicht zu verkrampfen, nicht zu schlucken und nicht mit meiner Zunge das Prozedere zu stören. Mir wird klar – als Mensch bin ich ein körperliches, leibhaftiges Wesen. Egal wie kluge oder wirre Gedanken ich mir mache, alles passiert in diesem Körper, der eigene Bedürfnisse hat. In der Bibel gibt es dafür ein Bild: Gott erschafft den Menschen aus Ackerboden. Materie, die erst durch den Atem Gottes lebendig wird. Im Hebräischen, der Sprache des ersten Testaments, sind Kehle und Seele das gleiche Wort. Das zeigt: Körperliches und Emotional-Geistiges sind nicht zu trennen.
Ich liege auf dem Zahnarztstuhl, atme und schlucke nicht, obwohl Wasser in meinem Mund ist. Ich bin ganz mit meinem Körper beschäftigt und meine Seele wird dadurch ruhig. Es steckt wohl eine tiefe Weisheit darin, dass Kehle und Seele zusammengehören. Diese Verbundenheit tut gut – daran will ich mich auch ohne Zahnreinigung erinnern.