Paradiesgärten
Komm, wir gehen gießen, sagte mein Onkel, und ich bin gern mitgegangen. Ich habe schöne Kindheitserinnerungen an den Friedhof über dem Dorf.
Der große offene Bottich mit kühlem Wasser lockte, ich durfte Kannen vollgluckern lassen und die Gräber von entfernten Onkeln und Großtanten begießen. Überall waren Blumen, ähnliche Blumen, erinnere ich mich - und sehr lebhaft an die Brombeeren am Rand. Nachbarn und Verwandte trafen wir: du bist aber groß geworden. Und dass das Hedwig sich so schnell davon gemacht hat…ich war gern auf dem Friedhof. Da war viel Leben, und die Verstorbenen gehörten dazu.
Das Sterben gehört zum Leben dazu
Spät erst habe ich verstanden, warum bei uns auf den Gräbern Beete angelegt werden. Sie sind kleine Gärten, Paradiesgärten. So schön erhoffen wir uns das Leben bei Gott und im Jenseits, wie in einem blühenden Garten. Das Sterben gehört zum Leben. Seit Friedhöfe auch für mich zum Ort der Trauer wurden, ist das für mich tröstlich.
Es gibt viele Bestattungsformen
Die Friedhofskultur ist im Wandel, die Beete werden weniger, die Vielfalt der Bestattungsformen nimmt zu. Da ist der Wunsch, nah an der Natur zu sein, und das Bedürfnis, wenig Aufwand mit der Pflege des Grabes zu haben. Friedwälder sind beliebt.
Die Friedhöfe bleiben wichtig, davon bin ich überzeugt. Sie sind Orte der Begegnung. Mit einer Kaffeekanne auf den Friedhof gehen und auf der Bank sitzen, das ist eine gute Idee der Seelsorge. Friedhöfe sind grüne Oasen, gut fürs Klima nicht nur in der Stadt, Parks, die der Seele und der Lunge guttun. Sie dienen der Artenvielfalt - was da alles krabbelt und lebt auf Friedhöfen!
Ein Bienenvolk auf dem Friedhof
Trotzdem habe ich im Frühjahr die Luft angehalten. Mein Mann ist Imker, und er wurde gefragt, ob er nicht ein Bienenvolk auf den Friedhof stellen wolle. Hinter unseren Gräbern ist ein guter Platz dafür, direkt an der Mauer, hieß es. Ich habe auf die wütenden Anrufe und Proteste gewartet, Bienen schwärmen ja mal, und sie stechen auch. Der Protest blieb aus. Viele fanden es schön. Noch mehr Leben auf dem Friedhof!
Die Bienen mit ihrer süßen Speise und ihrer ökologischen Bedeutung haben ja inzwischen viele Freundinnen und Freunde. Und mein Mann hatte eine gute Honig-Ernte von den Blumen und Lindenbäumen. Gold der Ewigkeit, Paradieshonig - wir sind noch auf der Suche nach einem guten Markennamen. Jedenfalls trägt das Summen auf dem Friedhof dazu bei, dass ich mich verbunden fühle, mit Werden und Vergehen, mit Gottes Schöpfungskraft in der ganzen Vielfalt.