Der Schmetterling am Grab
Manchmal gehen sie zum Grab, Enkelin und Oma. Meistens sonntags. Dann schauen sie nach dem Rechten, gießen die Blumen oder pflanzen neue. Es soll schön sein, das Grab vom Papa des Kindes. Vor drei Jahren ist er gestorben. Da war das Kind zwei Jahre alt. Es hat nicht viel mitbekommen. Die Oma schon. Es war ihr Sohn. Ein Unfall. Die Oma hat dem Kind viel erzählt, die Mama auch. Und jetzt stehen sie wieder am Grab, haben gepflanzt und gegossen.
Ein Gruß aus dem Himmel?
Wie sie dastehen, fliegt ein Schmetterling herum. Vielleicht riecht er die neuen Blumen. Oma und Kind folgen dem bunten Fliegerchen mit ihren Augen. Auf einmal setzt sich der Schmetterling genau auf die Blume, die sie eben gepflanzt haben. Das Kind freut sich. „Guck mal, Oma“, ruft es, „wie bunt der ist.“ „Oh ja“, sagt die Oma. „Vielleicht will Papa uns ja grüßen. Direkt vom Himmel.“
Die Toten leben da, wo Gott ist
Das könnte sein. Der Himmel weiß viele Wege, sich zu zeigen. Vielleicht auch mal mit einem Schmetterling. Die Toten sind tot, ja. Aber sie sind nicht weg. Sie leben da, wo Gott ist. Wir nennen das Himmel. Ein Ort, den wir nicht sehen. Der uns aber sieht. Und sich manchmal bemerkbar macht. So vieles im Leben ist nicht erklärbar. So viele Warums bleiben ohne Antwort. Da macht die Oma das einzig Richtige. Sie hilft der Enkelin. Der Papa ist nicht weg, sagt sie. Er sieht dich und mich. Und zeigt das auch - mit einem bunten Schmetterling.