hr4 ÜBRIGENS
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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

Von Gottes Gnaden

Von Gottes Gnaden

Einmal, ein einziges Mal war es zu viel an Haltung. Zu viel Königin und zu wenig Mensch, Schwiegermutter, Oma. Das war im August 1997, als Prinzessin Diana, Schwiegertochter von Königin Elisabeth II., bei einem Autounfall ums Leben kam. Da schwieg die Queen zu lange. Das sollte ihr eine Lehre sein, könnte sie gedacht haben. Es gibt ein zu viel an Haltung, auch an Zurückhaltung. Dann reicht es nicht, Königin zu sein. Dann ist man auch ein Mensch und muss es zeigen. Nach einigen Tagen gelingt es. Mit Ehemann und Familie geht sie an einem Meer aus Blumen vorbei, sichtlich ergriffen. Und wird zu dem Menschen, der sie ist: Elisabeth, die Königin.

 Man mag nicht glauben, dass sie 90 Jahre alt wird. Ihre Gesundheit ist ein Geschenk Gottes. Die Haltung ist von ihr. Edel, kann man das nennen. Würdevoll, ohne herablassend zu sein. Sie ist ja nicht groß, körperlich. Aber sie überragt alle. Niemand kommt sich groß vor, der vor ihr steht. Das ist ihre Ausstrahlung. Man steht vor ihr und erkennt eine Gestalt der Geschichte. Seit über 64 Jahren ist sie im Amt. Das ist unfassbar. Die Welt ist mehrmals anders geworden in dieser Zeit. Es gibt über ein Dutzend Premierminister in dieser Zeit, sieben Päpste. Eine Erfindung nach der anderen ändert uns, manchmal zum Besseren. Nur Elisabeth steht wie ein Fels in der Welt: Die Königin von England. Her Majesty. Seit 68 Jahren verheiratet mit Prinz Philipp. Mehr Gottesgnade geht nicht.

Ich denke, dass Elisabeth das weiß. Sie wirkt nie, als klopfe sie sich selbst auf die Schulter und sage dann: Gut gemacht. Ein Leben wie ihres macht man nicht, das wird einem geschenkt. Aus lauter Gnade. Und wenn der englische Hofstaat heute ein Glas Sekt in die Hand nimmt und Ihrer Majestät gratuliert,
ist allen klar, dass bei Königin Elisabeth II. dieser Satz wahr geworden ist: Bis hierher hat mich Gott gebracht.