hr4 ÜBRIGENS
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Eine Sendung von

Pfarrerin, Echzell

Geh aus mein Herz

Im Sommer ist mein Lieblingsplatz auf der Terrasse. Gemütlich vom Liegestuhl aus schaue ich den Wolken zu, höre die Amsel, sehe, wie sich die Zweigen des Ahornbaumes sanft im Winde wiegen und dass die Blumen in meinen Pflanztöpfen weitere lila und orange Blüten bekommen haben. Was für ein Reichtum an Natur und Farbe, an Schönheit und Anmut. Ich fühle mich erinnert an das Lied von Paul Gerhardt: Geh aus mein Herz und suche Freud.

Paul Gerhardt sieht die Natur als Geschenk Gottes an die Menschen. Die erste Strophe lautet: Geh aus mein Herz und suche Freud /in dieser lieben Sommerszeit /an deines Gottes Gaben./ Schau an der schönen Gärten Zier / und siehe wie sie Dir und mir / sich ausgeschmücket haben. Ich stelle mir vor, wie der Liederdichter selbst durch schöne Gärten spazierte, Bäume und blühende Blumen sah, und während er an einer Blüte roch, formten sich in seinem Herzen die Worte, die heute noch viele Menschen kennen: Narzissus und die Tulipan die ziehen sich viel schöner an, als Salomonis Seide.

Das Leben war für Paul Gerhardt nicht so idyllisch. Er lebte in der Zeit des 30-jährigen Krieges und der Pest. Mit 14 Jahren war er bereits Vollwaise, sein Heimatort wurde verwüstet, von seinen fünf Kindern wurde nur eines älter als 10 Jahre, auch seine Frau starb früh. Er ging also eher zwischen rauchenden Trümmern und mit schwerem Herzen spazieren. Ich bewundere dass: Wie er es schaffte, so berührende Lieder zu verfassen, voller Zuversicht und Glauben.

Die Natur war ihm ein Sinnbild dafür: Das Leben kann heil werden. Trotz allem Leid. Für ihn war die Natur nicht nur etwas Schönes, sie hat ihn auch getröstet. Sie ist ein Ort an dem man Gott begegnen kann, ein Vorgeschmack aufs Paradies.

So betrachtet kann ich es noch mehr genießen, wenn ich auf der Terrasse den Blumen beim Blühen zusehe und die Amsel singen höre.