hr2 ZUSPRUCH
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Dechant, Rebecca

Eine Sendung von

Katholische Gemeindereferentin in der Pfarrei Lioba

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Von süßen Früchten und großer Dankbarkeit: Erntedank

gesprochen von Stephanie Mosler

Der Oktober ist für mich und viele Hobbygärtner der Erntemonat schlechthin. Die Fülle in den Beeten und an den Sträuchern überwältigt mich. Allerdings: Mein grüner Daumen ist eher ... naja, sagen wir mal, blassgrün. Aber das macht nichts. Die Freude am Pflanzen, am Unkrautjäten – die ist da! Und wenn ich sehe, dass dann etwas wächst, hüpft mein Herz wirklich. 

Ein kleines Samenkorn verwandelt sich

Ich bin jedes Mal aufs Neue baff, was da aus der Erde kommt. Aus einem kleinen Samen wird eine Pflanze, aus der Pflanze eine Frucht und aus der Frucht ein Genussmoment. Für mich ist das ein echtes Wunder der Schöpfung. Und ich bin mir sicher: Bei meiner eher kläglichen Pflege kann das nur Gottes Werk sein. Ich gieße mal hier, vergesse mal da – und trotzdem darf ich ernten. Das ist Gnade in Beerenform!

Die süßen Früchte kosten

In diesem September und Oktober war mein Garten besonders großzügig. Die letzten Himbeeren und sogar ein paar Erdbeeren haben sich noch an meinen Sträuchern festgeklammert. Nicht viele – aber immerhin. Es geht mir nie um Masse, sondern um das Gefühl. Wenn ich so eine kleine, dunkelrote Himbeere direkt vom Strauch nasche ... das ist wie ein süßer Kuss mitten im Herbst.

Natürlich ist nicht jede Frucht ein Volltreffer. Manchmal greife ich daneben. Da ist die Beere schon matschig oder schmeckt irgendwie ranzig. Aber auch das gehört dazu.

Erntezeit – das ist Dankbarkeit für Gottes Schöpfung

Und bei all dem Naschen und Ernten spüre ich etwas ganz Besonderes: Dankbarkeit, Ehrfurcht und Freude. Dass aus dem Nichts – aus einem kleinen Anfang – so etwas Leckeres entstehen kann. Das ist für mich mehr als Natur. Das ist Gottes Handschrift.

Und ich glaube, wir können viel aus dieser Erntezeit lernen - auch für unser Leben.

Welche Früchte des Lebens prägen uns?

Manche Früchte, die wir ernten – seien es Erfahrungen, Begegnungen oder Entscheidungen – sind nicht perfekt. Da ist vielleicht der Wurm drin. Oder sie sind schon ein bisschen matschig. Aber das heißt nicht, dass sie wertlos sind. Vielleicht wird daraus keine enge, lebenslange Freundschaft aber eine harmonische Bekanntschaft. Es kommt darauf an, was wir daraus machen und worauf wir Wert legen - beim Pflegen, Wachsen und Ernten unserer zwischenmenschlichen Beziehungen.

Und wir dürfen uns fragen: Was ist in unserem Leben gewachsen? Und was muss vielleicht noch ein bisschen reifen? Vielleicht gibt es auch etwas, was wir abschneiden müssen, damit Neues wachsen kann. Oder wir entdecken eine kleine, versteckte Frucht – die süßeste von allen – wenn wir nur ganz genau hinschauen.

Diese Mühe mache ich mir gerne, im Garten und mit den Menschen in meinem Umfeld. Ich habe meine diesjährige Erntezeit richtig genießen können: mit Obst, Gemüse und ganz viel Herz.