hr2 ZUSPRUCH
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Wiesheu, Annette

Ein Sendung von

Katholische Studienleiterin an der Akademie des Bistums Mainz in Darmstadt

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Die Früchte meiner Arbeit

Anfang Oktober haben wir in meiner Gemeinde in Darmstadt Erntedank gefeiert, ein schönes Fest, passend zur Jahreszeit, wenn die Ernte abgeschlossen ist, das Getreide eingefahren, Obst und Gemüse geerntet. Wie in vielen Kirchen war auch bei uns die Kirche schön geschmückt, die Stufen vorm Altar dekoriert mit Obst und Gemüse, mit Blumen, dazu ein großes Brot – um den Dank auszudrücken für „die Frucht der Erde und menschlichen Arbeit“, wie es in einem Gebet heißt. 

Was bewirke ich damit und bringt das etwas?

Ich musste beim Erntedankgottesdienst und vor allem bei diesem Gebet an meine eigene Arbeit denken. Und ich habe mir die Frage gestellt: Was sind eigentlich die Früchte meiner Arbeit? So schöne Äpfel, Karotten und Kartoffeln, ein so schönes Brot wie vorne am Altar kann ich nicht vorweisen. Ich arbeite in der kirchlichen Bildungsarbeit, organisiere Tagungen, Themenabende, Gesprächsrunden zu theologischen, gesellschaftlichen, politischen Themen. Ob sie erfolgreich sind, was die Menschen, die daran teilnehmen, wirklich mitnehmen, welche Wirkung davon ausgeht – ich kann es oft nicht sagen. Und die gleiche Frage stelle ich mir manchmal auch mit Blick auf meine Bemühungen, meine Kinder zu erziehen. Gelingt es mir, ihnen das zu vermitteln, was mir wichtig ist? Immer wieder frage ich mich bei dem, was ich tagein, tagaus tue: Was bewirke ich damit? Bringt das etwas? Kommt etwas dabei herum? 

Er hat es einfach gemacht, ohne groß zu überlegen

Ich habe einer Bekannten von diesen Gedanken erzählt. Und sie hat mir mit einer kleinen Geschichte geantwortet, mit einer Erinnerung an ihren Großvater. Er ist Bauer gewesen und hat noch von Hand die Saat auf die Felder ausgebracht. Ohne Maschinen, mit einem Sack in der einen Hand, mit der anderen hat er die Saat ausgestreut, immer mit der gleichen Bewegung, immer zur selben Jahreszeit, jedes Jahr wieder. Die Frage, ob die Saat oder wie viel davon auch wirklich aufgeht – er hat sie nicht gestellt. Er hat es einfach gemacht, immer wieder, ohne groß zu überlegen. Weil es gemacht werden musste, weil es seine Aufgabe war. 

Das muss und kann ich nicht alleine leisten

Diese kleine Geschichte hat mich ein wenig getröstet. Und etwas von dieser Haltung des Bauern nehme ich mit für mein eigenes Leben: die notwendige Arbeit machen, die Aufgaben erfüllen, weitermachen – auch ohne eine eindeutige Antwort zu haben auf die Frage: Was bringt es? Vielleicht auch: Darauf vertrauen, die Saat wird aufgehen, wahrscheinlich nicht jedes einzelne Samenkorn, aber doch etwas davon, auch wenn es im Moment des Säens keine Garantie dafür gibt. Was ich tue, hat eine Wirkung, auch wenn ich sie nicht immer sofort erkennen oder messen kann. Und schließlich: Ich kann zwar säen und die Saat weiter pflegen, mich anstrengen, mein Mögliches tun – aber dass am Ende eine reiche Ernte steht, das liegt nicht allein in meiner Hand, das muss und kann ich nicht alleine leisten.