Zeichen der Auferstehung
Oben auf der Spitze des Kirchturms ganz in Ihrer Nähe ist wohl ein Kreuz, eine Fahne, manchmal gar nichts oder ein Hahn. Wie bei mir. Seit fast dreihundert Jahren steht der Hahn dort oben so wie auf vielen anderen Kirchtürmen. In der Regel habe ich ihn nicht im Blick. Man schaut ja nicht immer nach oben. Erst recht nicht, um dort einen Hahn zu suchen, wenn er doch schon am Boden kaum noch zu finden ist.
Als Kind gehörte es für mich ganz selbstverständlich dazu: Morgens, schon ganz in der Früh’, wurde ich von einem Hahn geweckt. Mit seinem Geschrei vertrieb er die finstere Nacht. Denn er spürte sie - die ersten Strahlen des Lichts. Sobald die Sonne aufging, kündigte der Hahn den neuen Tag an. Manchmal viel zu früh für eine, die noch länger schlafen wollte. Der Hahnenschrei weckte, ob man es hören wollte oder nicht: Es ist Zeit aufzustehen, die Nacht ist vorüber.
In vielen Völkern, ist der Hahn zum Symbol für die Sonne geworden. In Japan glaubte man gar, erst der Hahnenschrei rufe jeden morgen die Sonnengöttin aus ihrer Höhle hervor. Ohne Hahn also keine Sonne, kein Licht, kein Tag, kein Leben.
Auch im Christentum hat der Hahn symbolischen Charakter. Für die Christen wurde er zum Symbol für die Auferstehung - zum Zeichen der Hoffnung, dass Jesus Christus die Nacht des Todes für alle Zeiten durch das Licht des Lebens überwunden hat. Und so haben Christen in Zeiten, in denen sie verfolgt wurden, sich gegenseitig Mut gemacht und gesungen: „Solange der Hahn kräht, kehrt die Hoffnung wieder.“ Seht das Licht, die finstere Nacht geht vorüber.
Deshalb steht er dort, der Hahn - hoch oben - auf der Kirchturmspitze. Er steht dort zwischen Himmel und Erde und will Hoffnung wecken, heute am Ostersonntag, genauso wie an jedem neuen Tag.